ARD-Intendanten entziehen amtierender RBB-Spitze Vertrauen
In der Affäre um die abberufene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger hat die ARD-Spitze der amtierenden Leitung des Senders das Vertrauen entzogen.
Das Wichtigste in Kürze
- Redaktionsvertretung des Senders fordert Rücktritt der Geschäftsleitung.
«Wir, die Intendantinnen und Intendanten der ARD, haben kein Vertrauen mehr, dass der geschäftsführenden Leitung des Senders die Aufarbeitung der diversen Vorfälle zügig genug gelingt», erklärte der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow am Samstag in Köln. Die Journalistenvertretung des RBB forderte den Rücktritt der Geschäftsleitung.
Buhrow kritisierte, nach wie vor erführen seine Kolleginnen und Kollegen immer neue Vorwürfe ausschliesslich aus der Presse. Er betonte, der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) brauche jetzt einen Neuanfang.
«Dieser wird auch die amtierende Geschäftsführung des Senders betreffen müssen», denn es sei fraglich, dass der RBB mit seiner bisherigen Aufstellung stabilisiert werden könne, hob Buhrow weiter hervor. Genau dies sei aber «im elementaren Interesse der ARD, der leidgeprüften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch der Menschen im RBB-Sendegebiet».
Zuvor hatte am Samstag die Vorsitzende des RBB-Rundfunkrats, Friederike von Kirchbach, ihr Amt niedergelegt. «Der RBB steht vor einem Neuanfang. Nach zehn Jahren als Vorsitzende des Rundfunkrates möchte ich dazu einen Beitrag leisten und stelle mein Amt zur Verfügung.» Kirchbach wies darauf hin, dass der Rundfunkrat mit der Abberufung Schlesingers als Intendantin am Montag «den Weg für neue Strukturen und Personen im RBB frei gemacht» habe.
Kirchbach stand dem Rundfunkrat seit Januar 2013 vor und war seit 2007 Mitglied des Gremiums, das sie nun auch mit sofortiger Wirkung verlassen möchte. Der stellvertretende Rundfunkratsvorsitzende Dieter Pienkny soll die Amtsgeschäfte laut RBB vorerst kommissarisch übernehmen. Gegen Kirchbach waren zuvor Vorwürfe laut geworden, sie sei ihrer Kontrollaufgabe gegenüber Schlesinger nicht gerecht geworden.
Buhrow zollte Kirchbach für ihre Entscheidung Respekt. Ihr Schritt setze «das Signal für einen tiefgreifenden Neuanfang beim RBB». Der WDR-Intendant hatte den ARD-Vorsitz Anfang August für die Zeit bis zum Jahresende von Schlesinger übernommen. Sie hatte dieses Amt noch vor ihrem Rücktritt als RBB-Intendantin aufgegeben.
In einer Erklärung forderte der Redaktionsausschuss des RBB den Rücktritt der Geschäftsleitung des Senders. Die Vertretung der Journalistinnen und Journalisten des Hauses vertraue nicht mehr darauf, dass mit dieser Geschäftsführung eine lückenlose Aufklärung möglich sei, zitierte der RBB aus der Erklärung. Auch dürften jetzt nicht einfach die Stellvertreterinnen und Stellvertreter automatisch nachrücken. Der Redaktionsausschuss forderte flachere und transparentere Strukturen. Dabei müsse die Belegschaft eingebunden werden.
Der Deutsche Journalistenverband (DJV) unterstützt diese Forderung. Es müsse im Interesse der Beschäftigten einen «schnellen und überzeugenden Neuanfang an der Spitze des Rundfunks Berlin-Brandenburg» geben, erklärte die Gewerkschaft am Samstag. Das Misstrauensvotum der ARD-Intendanten gegen die geschäftsführende RBB-Spitze nannte DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall einen «einmaligen Vorgang, der die Dramatik der Situation deutlich macht». «Nach dem Abgang der Intendantin lebt das System Schlesinger weiter. Damit muss endlich Schluss sein», forderte Überall.
Gegen Schlesinger, gegen die zahlreiche Vorwürfe wegen ihrer Amtsführung erhoben werden, läuft derzeit ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsnahme. Betroffen sind auch ihr Ehemann sowie der bisherige Chef des RBB-Verwaltungsrats, Wolf-Dieter Wolf. Der Fall hat eine Debatte über die Strukturen des RBB und auch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt ausgelöst.
Der Verwaltungsrat des Senders will am Montag in einer Sondersitzung über das weitere Vorgehen zu beraten.