Martin Haab (SVP) über die Probleme in der Milchbranche
Der Detailhandel verkauft EU-Butter, zum Ärger der Bauern. Das Problem ist komplex, wie SVP-Nationalrat und Milchbauer Martin Haab erklärt.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Schweizer Detailhandel ist aktuell Butter aus der EU erhältlich.
- Den Bauern wurde dafür bessere Rahmpreise versprochen.
- SVP-Nationalrat Martin Haab glaubt, dass die SMP zu gutgläubig waren.
Nau.ch: In der Schweizer Marke «Die Butter» steckt aktuell Importbutter drin. Viele Konsumenten sind verärgert. Der Bauernverband sieht Verarbeiter und Detailhändler als Schuldige. Liegt er richtig?
Martin Haab: Ja. Denn die SMP (Schweizer Milchproduzenten) haben einen Deal mit den Verarbeitern und dem Detailhandel gemacht. Dabei wurde festgelegt, dass die Importbutter ganz klar deklariert werden soll. Wie wir heute sehen, ist das nicht passiert.
Nau.ch: Der Bundesrat argumentiert, dass die Zeit gefehlt habe, um eine neue Marke für die EU-Butter zu schaffen.
Haab: Es hätte doch keine neue Marke gebraucht. Wenn die Verpackung zum Beispiel rot gewesen wäre, hätte sich jeder Konsument gefragt, warum das so ist. Das hätte genügt.
Nau.ch: Warum ist die EU-Butter überhaupt in den Detailhandel gelangt?
Haab: Ich habe während eines runden Tischs mit Wirtschaftsminister Guy Parmelin vorgeschlagen, dass die Lebensmittelbranche, welche die Importbutter bei der Branchenorganisation Milch (BOM) beantragte, sie auch abnehmen soll. Doch die wollten die Swissness nicht verlieren.
Wie ich gehört habe, wurde die EU-Butter im Juni regionalen Bäckereien angeboten. Man suchte einen Weg, die Butter loszuwerden – ohne dass es der Kunde mitbekommt. Doch auch hier gab es offenbar Widerstand. So gelangte die Butter schlussendlich in den Detailhandel.
Nau.ch: Warum muss das Grasland Schweiz Butter importieren?
Haab: Eigentlich war schon im Juni 2019 klar, dass wir dieses Jahr zu wenig Butter haben werden. Denn obwohl heute mehr Menschen in der Schweiz leben, produzieren wir heute nur noch so viel Milch, wie zu Zeiten der Kontingentierung vor über 10 Jahren. Der Produzentenpreis liegt jedoch um 30 Prozent tiefer als im Jahr 2006. Und wegen der Verkäsungszulage wird vermehrt Käse statt Butter hergestellt.
Nau.ch: Dass Butter importiert werden muss, war also absehbar. Doch sind die Bauern heute so wütend?
Haab: Man versprach den Bauern, bei einem Import von Butter den Rahmpreis hochzusetzen. Doch unter dem Strich haben die Bauern heute noch weniger als vorher. Die SMP, welche den «Deal» ausgehandelt haben, wurden über den Tisch gezogen und haben es zu spät gemerkt. Ich befürchte, sie waren zu gutgläubig.
Die Milchbranche ist ein einziger Filz. Nehmen wir die BOM: Dort sitzen Bauernvertreter, welche im Vorstand von Milchhandelsorganisationen sind. Sie haben Hemmungen, gegenüber der Industrie und dem Detailhandel Preiserhöhungen durchzusetzen. Das ist ein klarer Interessenskonflikt.
Nau.ch: Wie könnte man die Situation der Milchbauern verbessern?
Haab: Eine gute Lösung wäre ein Milchpool, wie es ihn etwa in Kanada gibt. Eine Logistik für die Milch statt 40 Organisationen. Heute gibt es eine Ungleichheit, je nachdem, wem der Bauer die Milch liefert. Das wäre damit vorbei. Zudem könnte man so die Milchmenge der Nachfrage anpassen.
Nau.ch: Ist das denn realistisch?
Haab: Ich glaube nicht mehr daran, dass es so weit kommt. Eine Motion der Wirtschaftskommission des Ständerats geht aber in die richtige Richtung. Damit soll die Lieferung von B-Milch freiwillig werden. Der Bauer kann so unternehmerischer entscheiden. Ich bin guter Dinge, dass sich damit die Situation der Milchbauern verbessern. Die Industrie jammert jedenfalls bereits heute.