Weltkonzern Amazon: «Team-Wallraff» Undercover unterwegs
Betreibt Amazon eine systematische Ausbeutung? «Team-Wallraff»-Reporter Alexander Römer ist Undercover beim Weltkonzern.
Das Wichtigste in Kürze
- Reporter Alexander Römer bewirbt sich als Paketausfahrer bei Amazon.
- Im Undercover-Einsatz verdient er zum Schluss weit unter dem Mindestlohn (7,78 Euro).
- Der Weltkonzern kann über eine App ausserdem jederzeit seine Mitarbeiter überwachen.
«Team-Wallraff»-Reporter Alexander Römer stösst bei eBay Kleinanzeigen auf ein Angebot. Kurz darauf wird er zum Paketausfahrer für Amazon in Berlin. Er findet sich aber in einem dubiosen Firmengeflecht wieder und ist nicht bei Amazon selbst angestellt. Die Vertragsunterzeichnung findet bei der Sicherheitsfirma Pignus GmbH statt, welches wiederum ein weiteres Subunternehmen beschäftigt.
Dem Reporter wurde ein Stundensatz von 11 Euro brutto angeboten. Da die Arbeit aber in der vorgegebenen Zeit unmöglich zu verrichten war, erhielt er gerade einmal 7,78 Euro. Ein Wert weit unter Mindestlohn und ein klarer Verstoss. Laut Arbeitsrechtler Sven Jürgens ist die 1994 gegründete Firma jedoch bei Schwierigkeiten fein raus.
Amazon überwacht Angestellte
Doch das ist nur eine von vielen aufgedeckten Missständen: Zuspätkommen, zu schnelles Fahren, zu langsames Arbeiten und Kundenbeschwerden, geben sogenannte Strafpunkte. Diese werden per Scanner und einer App auf dem Handy erfasst und auf dem «Konto» des Fahrers festgehalten. Das in Seattle ansässige Unternehmen kann so jederzeit den Fahrer überwachen.
Die Tour, die mit Pause neun Stunden dauern soll, ist kaum machbar. Schafft er es doch, werden dem Fahrer am nächsten Tag noch mehr Pakete zugeteilt oder er muss seinen Kollegen helfen. Wird die Arbeitszeit überschritten, erfolgt per Scanner eine Anmeldung im Account eines Kollegen und das Arbeitszeitgesetz kann so umgangen werden.
Der «Team-Wallraff»-Reporter hat zum Schluss unter Mindestlohn verdient. Alexander Römer: «Ich wusste zu Beginn meiner Tätigkeit nicht einmal, wer genau mein Arbeitgeber ist. Amazon kann hier nicht einfach die Verantwortung abgeben und muss für mehr Transparenz sorgen. So leiden die Schwächsten, die Fahrer und den Profit streicht Amazon ein.»
Die Firmen werden konfrontiert
Die Firma Pignus wurde mit den Recherchen konfrontiert. Die Antwort erfolgte durch einen Anwalt: «Fragen zu Amazon oder anderen Kunden werden grundsätzlich nicht beantwortet.»
Auch dem US-amerikanischen Onlineversandhändler wurden die Recherchen vorgelegt. Zu den Vorwürfen gegen Pignus schrieben sie: «Wir lassen derzeit unsere Zusammenarbeit mit Pignus Berlin Sicherheitsservice ruhen und untersuchen Ihre Behauptungen. Wir haben den Partner ausserdem angewiesen, nicht weiter mit anderen Unternehmen zusammenzuarbeiten, um Amazon Pakete zuzustellen.»