Grosser Rat Bern rückt Hürde für Umweltorganisationen ins Gesetz
In einem Beschwerdeverfahren kann neu die beschwerdeführende Partei auf Gesuch der Gegenpartei zur Sicherstellung der Parteikosten verpflichtet werden.
Für Heimatschutz- oder Umweltorganisationen wird es im Kanton Bern definitiv schwieriger, einen Rechtsstreit vors kantonale Verwaltungsgericht zu ziehen. Der bernische Grosse Rat hat seinen Entscheid vom März dieses Jahres bestätigt, dass solche Organisationen künftig unter Umständen eine Garantiesumme hinterlegen müssen.
Der Entscheid fiel am Dienstag, 13. September 2022, in der zweiten Lesung einer Revision des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege. In diesem Zug revidierte der Rat auch einen Artikel des kantonalen Baugesetzes.
Der Artikel lautet künftig: «Im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht kann die beschwerdeführende Partei auf Gesuch der Gegenpartei zur Sicherstellung der Parteikosten verpflichtet werden, wenn sie im Einspracheverfahren unterlegen ist.»
Vor der zweiten Lesung hatte eine Minderheit der vorberatenden Kommission den Antrag gestellt, diesen Artikel abzuschwächen: Sogenannte beschwerdeberechtigte Organisationen wären von der Sicherstellungspflicht ausgenommen worden.
Doch sagte der Sprecher der vorberatenden Kommission, Abklärungen dieses Gremiums hätten gezeigt, dass die Einführung einer solchen Garantiesumme mit dem Bundesrecht vereinbar sei. Die Berner Kantonsregierung schloss sich nach diesen Abklärungen der Mehrheit der Kommission an.
Der Grosse Rat stimmte mit 81 zu 60 Stimmen zugunsten der Garantiesumme
Erfolglos warb Urs Graf (SP/Interlaken) als Sprecher der Kommissionsminderheit für ein Nein zu dieser neuen Garantiesumme. Das Verbandsbeschwerderecht sei ein bewährtes Instrument. Die Hürden, dieses Recht zu erhalten, seien hoch. Meist hätten die Organisationen mit ihren Beschwerden Erfolg.
Das kantonale Verwaltungsgericht habe gesagt, so Graf, mit der Einführung dieser Garantiesumme könnte der Grosse Rat genau das Gegenteil von dem bewirken, was er mit der Gesetzesrevision wolle. Statt dass die Verfahren beschleunigt würden, könnten diese verlangsamt werden.
Denn eine Garantiesumme festzusetzen, setze unter Umständen eine anfechtbare Verfügung des Gerichts voraus. Anfechtbar sei diese bis vor Bundesgericht.
Die Mehrheit des Grossen Rats liess sich aber davon nicht beirren. Wenn die Mehrheit der Beschwerden von Umwelt- und Heimatschutzorganisationen erfolgreich sei, hätten diese ja nichts zu befürchten, hiess es etwa. Die entscheidende Abstimmung fiel mit 81 zu 60 Stimmen zugunsten der Garantiesumme aus.
Absichtlichen Verfahrensverzögerungen soll vorgebeugt werden
Mit der Gesetzesrevision geht es der Kantonsregierung und dem Grossen Rat darum, sogenannte «trölerische» Eingaben, welche Rechtsverfahren absichtlich verzögern, rascher zu behandeln und ganz allgemein die Verfahren zu beschleunigen.
Nur noch zwei Artikel der Gesetzesrevision waren in der zweiten Lesung umstritten. Im zweiten geht es um Verfahrenskosten in Beschwerdeverfahren. Der Rat beschloss, dass Kostenanteile, welche nicht erhoben werden können, nicht den übrigen unterliegenden Parteien auferlegt werden können.
Laut der zuständigen Regierungsrätin Evi Allemann kehrt damit der Kanton Bern zu einer Regelung zurück, welche früher galt. Laut Kommissionssprecher Jakob Schwarz (EDU/Adelboden) beschloss das kantonale Verwaltungsgericht 2015 eine Praxisänderung. Die Rückkehr zur früheren Regelung führe zu bescheidenen Mehrkosten für den Kanton Bern, so der Kommissionssprecher.