Wahlflyer von Sarah Regez versetzt Baselbieter SVP in Aufregung
Die SVP-Nationalratskandidatin wirbt mit der Wahlempfehlung des Fraktionspräsidenten Peter Riebli und mit einem vollen Flüchtlingsboot. Das gefällt nicht allen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Wahlflyer der SVP-Nationalratskandidatin Sarah Regez sorgt für Aufsehen.
- Innerhalb der Partei wird dem Fraktionschef Peter Riebli daher Bevorzugung vorgeworfen.
- Andere sind derweil unzufrieden mit der Polemik, der sich Regez auf dem Flyer bedient.
Darf ein Fraktionspräsident im Wahlkampf eine Kandidatin bevorzugt behandeln? Und wie provokativ darf eine Wahlkampagne geführt werden? Diese Fragen beschäftigen aktuell die Baselbieter SVP.
Konkret geht es um Peter Riebli, Landrat aus Buckten, Fraktionschef und Mitglied der Wahlkampfleitung für die bevorstehenden Nationalratswahlen vom 22. Oktober. Und um Sarah Regez, Nationalratskandidatin aus Sissach.
Riebli ist auch Präsident der SVP-Sektion Sissach und Umgebung. In dieser Funktion hat er die Sektionsmitglieder vor rund zwei Wochen zu einem Spaghettiplausch mit allen SVP-Nationalratskandidaten eingeladen.
Im Brief, der «OnlineReports» vorliegt, betont Riebli auch, wie sehr er sich über die Kandidatur von Sarah Regez freue. Mit ihr habe «eine junge, intelligente und hoch motivierte Frau» aus der Sektion den Sprung auf die SVP-Liste drei geschafft, schreibt er. Regez, die in Sissach zu Hause ist, verteidige die SVP-Grundwerte «konsequent und eloquent».
So weit, so gewöhnlich. Dem Schreiben lag aber noch ein Wahlflyer von Sarah Regez bei mit folgender Empfehlung: «Mit Sarah wähle ich eine intelligente junge Frau, die im Nationalrat engagiert für die Schweizer Werte eintreten wird.» Unterschrieben von Peter Riebli, Fraktionspräsident SVP Baselland.
«Der Fraktionspräsident sollte neutral sein – vor allem, wenn er in der Wahlkampfleitung sitzt», heisst es aus dem Umfeld der Kandidierenden. Zudem führe ein solches Verhalten zu Reibereien innerhalb der Liste, das sei schlecht für die Stimmung.
Riebli hat kein Verständnis für Aufregung
Riebli bestätigt auf Anfrage, dass das Thema «kurz andiskutiert» worden sei. Er kann die Aufregung aber nicht verstehen. «Als Fraktionschef stehe ich ganz klar hinter allen sieben Kandidatinnen und Kandidaten», sagt er. Wer ihn um eine Empfehlung bitte, habe auch eine erhalten.
Er sei auf Wunsch auch den Wahlkomitees beigetreten. Überhaupt sei es für ihn selbstverständlich, dass alle Mitglieder der SVP-Fraktion die Kandidierenden tatkräftig unterstützen müssten.
Regez' Flyer sorgt aber nicht nur wegen Rieblis Empfehlung für Diskussionen. Nach dem Motto «Ich sage, was Sie denken» zählt die Oberbaselbieter Kandidatin im Chat-Stil die Schwerpunkte ihrer Politik auf: Berufslehre, Wokeness und Migration. Für letzteres Thema hat sie ein Bild eines Flüchtlingsschiffs gewählt. Ihre Botschaft dazu: «Die Mehrheit der sogenannten Schutzsuchenden sind nicht Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, sondern versuchen, durch das Ausnutzen des Asylsystems ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern.»
Unzählige Menschen aus Afrika und Vorderasien haben in den vergangenen Jahren beim Versuch, übers Meer nach Europa zu flüchten, ihr Leben verloren. Vor rund einem Monat ertranken über 40 Personen bei einem Bootsunglück in der Strasse von Sizilien.
«Ich finde dieses Bild höchst problematisch», sagt ein Parteimitglied. «Es macht uns angreifbar.» Aber am Ende müsse jeder für sich entscheiden, mit welchen Botschaften er werbe.
Regez steht immer wieder im Mittelpunkt
Diese Meinung teilt auch Parteipräsident und Nationalratskandidat Dominik Straumann. Er schreibe niemandem vor, wie er seine Kampagne führen soll, sagt er. «Ich persönlich hätte das Flüchtlingsboot nicht gezeigt.»
Die SVP Baselland verzichte in der Regel auf eine aggressive Bildsprache. Das Apfel-Wurm-Plakatsujet der SVP Schweiz im Jahr 2019 sei zum Beispiel gar nicht gut angekommen. «Diese Art der Kampagnenführung passt nicht zu uns.»
Fraktionspräsident Peter Riebli hat kein Problem mit dem Bild. Die Zeitungsarchive seien voll mit solchen Fotos. Das sieht Sarah Regez genauso. Und zu ihrer Botschaft stehe sie.
Die 29-jährige Jus- und Politik-Studentin zieht nicht zum ersten Mal die Aufmerksamkeit auf sich. Mit ihrem Protest gegen die inklusive Sprache an der Uni erlangte Regez Ende vergangenes Jahr nationale Bekanntheit. Zuletzt hatte sie einen grossen Auftritt am Wahlauftakt der SVP Schweiz in der Swiss Life Arena in Zürich-Altstetten. Der radikale Ton ihrer Rede sorgte in der Polit-Szene für kontroverse Diskussionen.
Zur Autorin: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal OnlineReports.ch publiziert. Per 1. Juli haben Alessandra Paone und Jan Amsler übernommen.