Netflix: «Snowpiercer» legt als Serie einen holprigen Start hin
Ein Zug mit 1001 Wagen avanciert zur Arche für die Menschheit. «Snowpiercer» wandelt den Film in eine Fernsehserie um, welche international bei Netflix läuft.
Das Wichtigste in Kürze
- Die ersten beiden Episoden von «Snowpiercer» sind seit dem 25. Mai auf Netflix verfügbar.
- Als Vorlagen dienen sowohl der gleichnamige Film als auch die französischen Comics.
- In der Serie weicht die geradlinige Handlung einer langgezogenen Erzählung.
Bevor der südkoreanische Regisseur Bong Joon-Ho mit «Parasite» mehrere Preise gewann, erschien 2013 sein erster englischsprachiger Film «Snowpiercer» im Kino. Die Adaption der gleichnamigen Comics aus Frankreich spielte weltweit mehr als das Doppelte ihrer Produktionskosten von 40 Millionen US-Dollar ein. Bei den Kritikern kam die Gesellschaftskritik gut an.
Wie es sich für Hollywood gehört, muss eine Erfolgsgeschichte meistens weitergeführt werden. Im Falle von «Snowpiercer» bestellte der Fernsehsender TNT fünf Jahre nach dem Spielfilm eine vollständige Serie. Für den internationalen Markt übernahm Netflix die Vertriebsrechte.
Wegen «kreativer Differenzen» unter den Verantwortlichen verzögerte sich das Projekt. Die Aufnahmen der ersten Episode wurden verworfen und durch nachträglich gedrehte Szenen ersetzt. Letztendlich stellte man die Dreharbeiten trotz aller Schwierigkeiten hinter den Kulissen fertig. Joon-Ho ist als «ausführender Produzent» gelistet.
Zum Serienstart hat Netflix die ersten beiden Episoden nach der Ausstrahlung im amerikanischen Fernsehen veröffentlicht. Das Szenario orientiert sich an der Vorlage.
«Snowpiercer» zeigt eine fahrende Klassengesellschaft
Im Jahr 2031 verteilen sich die Überlebenden einer Umweltkatastrophe auf mehrere Abteile des Zuges «Snowpiercer», geschaffen vom ominösen Wilford. Der Schirmherr lässt die strikt geführte Klassengesellschaft von seinen Mitarbeitern überwachen. Die Bewohner des hintersten Wagons haben ihr Lotterleben deutlich satt und planen eine Revolution. Im Zentrum steht Layton (Daveed Diggs), der zuerst noch einen Mordfall aufklären soll.
Wer den – ebenfalls auf Netflix zu sehenden – Film kennt, wird gewisse Elemente daraus wiederentdecken. Die Geschichte des Serienablegers konzentriert sich im Gegensatz auf mehrere Protagonisten. Zusätzlich werden auch Personen aus den höheren gesellschaftlichen Rängen charakterisiert.
«Snowpiercer» strauchelt erzählerisch, weil die Handlung des rund zweistündigen Kinofilms auf zehn Episoden verteilt wird. Die Nebenschauplätze sorgen dafür, dass der geplante Aufstand ins Hintertreffen gerät. Aus der schwungvollen Dystopie wird somit eine klassische Kriminalgeschichte mit Ansätzen aus dem Science-Fiction-Genre.
Joon-Ho reicherte sein filmisches Werk mit skurrilen Ideen an, die in serieller Form allerdings weitgehend auf der Strecke bleiben. Zwar überbieten sich die einzelnen Zugabteile mit jedem weiteren Abschnittwechsel an ihrer Opulenz, inszenatorisch bleibt das Gezeigte jedoch blass. Das Potenzial der bisweilen bedrückend wirkenden Vorlage schöpft die Serie noch nicht aus.