Mehr Ruhe oder neuer Zoff? - Die Queen wird 96
96 Jahre auf der Welt, 70 davon auf dem Thron - und Ruhestand steht für Queen Elizabeth II. nicht zur Debatte. Doch immer häufiger gerät sie an ihre körperlichen Grenzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Welt in der Krise, ein schwarzes Schaf in der Familie und ein Enkel, der vom anderen Ufer des Atlantiks aus jederzeit den Familienfrieden ins Wanken bringen kann.
Auch nach 70 Jahren auf dem Thron dürfte Queen Elizabeth II. nicht allzu langweilig sein. Am 21. April feiert die Monarchin ihren 96. Geburtstag. Ans Ende ihrer Regentschaft verschwendet sie - zumindest soweit man das von aussen erfährt - kaum einen Gedanken. In der Öffentlichkeit lässt sich die Queen jedoch immer seltener blicken.
Auch ihren Ehrentag will die Königin laut Nachrichtenagentur PA im kleinsten Kreis verbringen. Das allerdings ist nicht unüblich, denn öffentlich wird ihr Geburtstag traditionell erst Anfang Juni mit der «Trooping the Colour»-Parade gefeiert. In diesem Jahr ist die Parade Teil eines viertägigen Feierwochenendes mit Gottesdienst, Konzert vor dem Buckingham-Palast, grossen Festtafeln und Partys im ganzen Land - zu Ehren des Platin-Jubiläums, das die Queen in diesem Jahr begeht. Die Vorbereitungen laufen seit langem auf Hochtouren, doch die grosse Frage bleibt: Wird «Her Majesty» selbst überhaupt dabei sein?
Frage der Gesundheit
«Das wird grösstenteils von ihrer Gesundheit abhängen», sagt der Monarchie-Experte Craig Prescott im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Es wird zweifellos alles so gestaltet, dass sie so viel wie möglich dabei sein kann, aber es mag sein, dass sie nicht an allen Feiern teilnehmen kann.» So werde sie möglicherweise die Parade und den Gottesdienst wahrnehmen, aber dem grossen Konzert am Buckingham-Palast eher fernbleiben, mutmasst der Wissenschaftler von der Bangor University.
Erst ein halbes Jahr ist es her, dass die Queen keck die Auszeichnung eines Seniorenmagazins als «Oldie of the Year» ausschlug. Die Begründung aus der Feder ihres Privatsekretärs: «Ihre Majestät glaubt, man ist so alt, wie man sich fühlt. Daher ist die Queen der Meinung, dass sie nicht die relevanten Kriterien erfüllt, um die Auszeichnung zu akzeptieren, und hofft, dass sich ein geeigneterer Kandidat findet.»
Ob sie heute, sechs Monate später, immer noch Witze über ihr gefühltes Alter reissen würde, ist fraglich. In den vergangenen Monaten häuften sich die Sorgen, die Familie, Beobachter und nicht zuletzt das britische Volk sich um die Queen machten. Erst sagte sie eine Reise nach Nordirland ab, dann den lang erwarteten Auftritt bei der Weltklimakonferenz in Glasgow, schliesslich mehrere andere Empfänge. Ihre Ärzte verordneten ihr eine Ruhepause und zwischenzeitlich - für Untersuchungen - sogar eine Nacht im Krankenhaus.
An Corona erkrankt
Im Februar ereilte dann, fast zwei Jahre nach Ausbruch der Pandemie, auch noch das Coronavirus die Monarchin. Bei einem kürzlichen Termin sagte sie mit Blick auf ihren Fuss, sie könne sich nicht rühren. Der Bewegungsradius von Elizabeth II., er hat sich innerhalb einiger Monate rapide verkleinert. Die meisten ihrer Termine erledigt sie von Schloss Windsor aus - doch selbst dort setzt sie mittlerweile Gottesdienste aus, die, wie gerade erst am Gründonnerstag, fast vor ihrer Haustüre stattfinden.
«Ihr Gesundheitszustand bedeutet, dass sie nicht mehr tun kann, was sie immer getan hat, ihre Arbeitstage sind begrenzter», hält Prescott fest - erinnert aber auch daran, welche Verantwortung noch immer auf den Schultern des Staatsoberhauptes liegt. Tag für Tag bearbeite sie die roten Boxen mit Regierungspapieren und unterzeichne Gesetze. 1947, als die junge Prinzessin Elizabeth ihren künftigen Untertanen versprach, ihnen bis zum Ende ihres Lebens zu dienen, habe noch niemand ahnen können, wie lange dies sein würde, meint der Experte. «Dass sie immer noch weitermacht, trotz ihrer schwindenden Kräfte, zeigt einen ausserordentlichen Einsatz für ihre Rolle.»
Familie sorgt für «Überraschungen»
Ob nach dem offiziellen Geburtstag und dem Jubiläumstrubel etwas mehr Ruhe einkehrt, ist fraglich. Denn auch die eigene Familie sorgt immer wieder für neue - nicht ausschliesslich positive - Überraschungen. Zwar ist es um die Missbrauchsvorwürfe gegen ihren angeblichen Lieblingssohn Prinz Andrew mit einem millionenschweren Vergleich ruhiger geworden. Doch die Tatsache, dass die Queen sich ausgerechnet von dem schwarzen Schaf unter ihren Kindern bei einem Gedenkgottesdienst für ihren Ehemann Prinz Philip durch die Westminster Abbey führen liess, löste heftige Kritik aus. «Dass er dazu gedrängt wurde, seine öffentlichen Aufgaben niederzulegen, muss schwierig für sie gewesen sein», meint Prescott.
Auch Enkel Harry, der mit seiner Frau Meghan kurz vor Ostern überraschend zu einem Kurzbesuch in Windsor vorbeischaute, könnte weiter für Trubel sorgen. Noch in diesem Jahr sollen seine Memoiren erscheinen - Konfliktpotenzial inklusive.