AHV 21: Linke sehen sich durch neue Studie bestätigt

Elisa Jeanneret
Elisa Jeanneret

Bern,

Ein Bericht zur Frauenrentenlücke bestätigt: Frauen werden von der AHV nicht diskriminiert. Samira Marti (SP) will dennoch ein Nein zur Abstimmungsvorlage.

Samira Marti AHV
Nationalrätin Samira Marti (SP/BL). - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Bericht bestätigt, dass Frauen leicht höhere AHV-Renten beziehen als Männer.
  • Aber Frauen erhalten einen Drittel weniger Rente und verdienen 43% weniger als Männer.
  • Genau deswegen sollte die AHV 21 nicht angenommen werden, sagt Samira Marti (SP).

Am Mittwoch publizierte das Departement von Innenminister Alain Berset einen Bericht zu den sogenannten «Gender Gaps» bei Löhnen und Renten. Nationalrätin Samira Marti (SP/BL) hatte diesen Bericht beim Bundesrat bestellt.

AHV 21 Bundesrat Berset
Innenminister Alain Berset an der Medienkonferenz zur AHV 21, 27. Juni 2022. Seine Partei lehnt die Reform ab, - Keystone

Der Zeitpunkt der Publikation ist brisant – schliesslich entscheidet die Stimmbevölkerung in knapp drei Wochen über die AHV 21. Dem Bericht zufolge verfügen Frauen im Durchschnitt über viel weniger Einkünfte als Männer.

Das Einkommen der Frauen betrug im Analysejahr 2018 43,2 Prozent weniger als jenes der Männer. Dadurch entsteht auch eine Rentenlücke von 34,6 Prozent, berechnet mit Zahlen von 2020.

Rente Ehepaare AHV 21
Verheiratete Frauen erhalten viel weniger Rente aus der zweiten Säule als ihre Ehemänner. Mit der AHV erhalten aber Männer und Frauen etwa gleich viel Rente. - Keystone

Die AHV jedoch diskriminiert laut Bericht nicht die Frauen, sondern, wenn überhaupt, die Männer. Die grosse Lücke besteht bei der zweiten Säule, der beruflichen Vorsorge: Frauen erhalten dort 62,9 Prozent weniger Rente.

Trotzdem reden Samira Marti und ihre Partei von einem «Rentenabbau auf dem Buckel der Frauen». Wieso?

Beide Geschlechter arbeiten genau gleich viel – Frauen einfach unbezahlt

Auf Anfrage von Nau.ch bekräftigt Marti, dass die AHV am kommenden Abstimmungssonntag nicht geschwächt werden dürfe. Der «riesige Einkommensunterschied» zwischen den Geschlechtern werde teilweise mit der hohen Teilzeitarbeitsquote erklärt. Aber wenn Frauen nicht arbeiten, so Marti, leisten sie «unbezahlte Arbeitsstunden im Wert von 315 Milliarden Franken».

Dies bestätigt der Bericht: Männer leisten deutlich weniger unbezahlte Arbeit als Frauen. Darunter fallen Haus-, Familien- und Freiwilligenarbeit. Die Anzahl Arbeitsstunden der Geschlechter ist aber gleich.

Diese unbezahlte Care-Arbeit sei nicht freiwillig, sondern bilde die Grundlage des Wirtschaftens in der Schweiz, sagt Samira Marti. Kinder kriegen bilde deshalb «ein faktisch akutes Armutsrisiko für Frauen». Altersarmut sei in der Schweiz weiblich, fügt sie hinzu.

Mit der AHV erhielten Frauen dank der Erziehungsgutschriften eine minimale finanzielle Entschädigung. Genau deswegen sei es unsinnig, das Sozialwerk auf Kosten der Frauen um sieben Milliarden Franken bis 2032 aufzustocken.

rentenalter 65
Eine Demonstration gegen die Erhöhung des Frauenrentenalters in Bern. - Nau.ch

«Diese sieben Milliarden werden von den Frauen bezahlt», erklärt Marti. «Indem sie im Schnitt 26'000 Franken weniger haben. Und das, obwohl insgesamt ihre Renten schon heute ein Drittel tiefer sind.» Die Ausgleichsmassnahmen für die Übergangsgeneration erachten die Reformgegner als ungenügend.

Noch keine Lösung zur zweiten Säule in Sicht

Samira Marti und ihre Mitstreiter gegen die AHV 21 erhalten dank des Ständerats zusätzlichen Rückenwind. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit hat die Debatte um die Reform der zweiten Säule verschoben. Sie seien auf keinen grünen Zweig gekommen, was die Kompensation der Rentnerinnen und Rentner in der Übergangsgeneration betreffe.

Wie werden Sie bei den AHV-Vorlagen stimmen?

Die BVG-Reform hätte zum Ziel, die Renten aus zweiter Säule für Geringverdienende und Teilzeitarbeitende zu verbessern. Die Befürworter der AHV 21 geben während des Abstimmungskampfes wiederholt an, dies umzusetzen. Das Verschieben der Debatte durch den Ständerat wird deshalb von linker Seite als taktischer Schritt kritisiert.

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