«Arena»: EVP-Studer will Süchtige mit Migros ohne Alkohol schützen
Das Wichtigste in Kürze
- Die Migros stimmt über die Aufhebung des Alkoholverbots ab.
- Initiatorin Renata Georg sieht das Erbe von Gründer Duttweiler nicht gefährdet.
- Denn er liess 1948 bereits darüber abstimmen.
Die Migros lässt ihre Genossenschaftsmitglieder darüber abstimmen, ob sie in ihren Filialen ab nächstem Jahr Alkohol verkaufen soll. Wenn mindestens zwei Drittel zustimmen, werden die Statuten der Migros geändert, wie die Detailhändlerin mitteilt. Sollten über zwei Drittel den Vorschlag ablehnen, «bleibt alles beim Alten».
Die Abstimmung ist kontrovers. Immer wieder werden auch Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler und sein Erbe als Argument herbeigezogen. In der «Arena» zum Thema verzichten die Verfechter des Alkoholverbots aber darauf, anders als deren Gegner: «Duttweiler liess 1948 darüber abstimmen, ob Wein verkauft werden soll», sagt Renata Georg, die Initiantin der Abstimmung.
Sie hebt einen andere Wert hervor, der dem Gründer wichtig war, die Demokratie: «Er hat die Genossenschafterinnen und Genossenschafter immer wieder befragt», in den letzten Jahren sei dies aber weniger der Fall gewesen. Deshalb will sie nun die Abstimmung durchführen und die Leute zum aus ihrer Sicht nicht mehr zeigemässen Alkoholverbot befragen.
Mitte-Nationalrat Nicolo Paganini geht in seiner Argumentation noch rund 20 Jahre weiter zurück als 1948: «Duttweiler fuhr anfangs mit seinem Einkaufswagen und sechs Produkten zu den Hausfrauen, um den Einkauf zu erleichtern.» Die Migros solle es den Kunden ermöglichen, alles in ihren Läden zu erhalten. Georg fügt an, dass heute vielfach beide Elternteile berufstätig seien und deshalb in einem Laden den Einkauf machen wollten.
Für Paganini, der auch in der Verwaltung der Migros Ostschweiz sitzt, spielt auch die mögliche Umsatzsteigerung durch Alkohol eine Rolle. Zudem würde mit mehr Umsatz mehr Geld ins soziale Engagement fliessen. Für EVP-Präsidentin Lilian Studer ist nicht nur das soziale Engagement wichtig, sondern auch die gesellschaftliche Verantwortung der Migros.
EVP-Studer: Migros ist wichtiger Ort für Alkoholkranke
Denn sie gebe den trockenen Alkoholikern und den Gefährdeten die Möglichkeit, ohne Versuchung einkaufen zu gehen. «Es ist enorm wichtig, dass es einen solchen Ort gibt.» Viele Süchtige hätten ihr gesagt, dass sie in die Migros gehen, um nicht in Versuchung zu geraten. Dies sagt die ehemalige Geschäftsführerin des Blauen Kreuzes Aargau/Luzern in der «Arena».
Es sei ein Problem in der Gesellschaft, dass der Alkohol allgegenwärtig und überall verfügbar sei. Die Migros sei ein Ort, an dem die Bevölkerung realisiere, dass er kein gewöhnliches Konsumgut sei. Sondern eines mit psychoaktiven Substanzen, wodurch er ein Suchtmittel sein könne.
Die Migros ist die zweitgrösste Alkoholhändlerin
Die Zahl der Alkoholkranken habe abgenommen, während die Verkaufsstellen zugenommen hätten, argumentiert Paganini. Verkaufe die Migros Alkohol, käme es dadurch nicht zu mehr Autounfällen wegen betrunkenen Personen. Hier wirft Studer ein energisches «Nein» ein. Sie würde es begrüssen, wenn auch Denner und Migrolino, die beide zum Migros-Konzern gehören, ebenfalls alkoholfrei würden.
Was meinen Sie: Sollte die Migros Alkohol verkaufen dürfen?
Den Gegensatz, dass der Migros-Konzern unter anderen Namen Alkohol verkauft, nimmt auch Georg auf. «Man kann nicht sagen, dass man auf den Alkoholverkauf verzichtet, aber gleichzeitig die zweitgrösste Alkoholhändlerin der Schweiz sein.» Dies sei unglaubwürdig, so die Initiatorin der Abstimmung.