FDP machtlos gegenüber ihren Bundesräten

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

In einem Offenen Brief kritisiert die FDP die Corona-Massnahmen des Bundesrats scharf. Nur: Ihre eigenen Bundesräte sind das Zünglein an der Waage.

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FDP-Fraktionspräsident Beat Walti zur Rolle der FDP-Bundesräte bei der Verschärfung der Massnahmen gegen das Coronavirus. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Die FDP kritisiert die vom Bundesrat geplanten Corona-Massnahmen scharf.
  • Auf die an den Entscheiden beteiligten FDP-Bundesräte habe man keinen Einfluss.
  • Gefordert wird einmal mehr ein transparentes Ampel-System.

Am Dienstag hat der Bundesrat seine Absichten vorgestellt, wie er die Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus verschärfen will. Die Kritik daran folgte sofort: Die Kantone im Allgemeinen und die Westschweiz im Speziellen fühlen sich vor den Kopf gestossen. Die SVP ist sauer, während die Linke die Massnahmen für die Wirtschaft schmerzlich vermisst. Die FDP doppelt heute nach: Mit einem Offenen Brief bekräftigt sie die Forderungen nach einer differenzierten, klaren Strategie.

Und was machen die FDP-Bundesräte?

Die vom Bundesrat geplanten neuerlichen massiven Eingriffe seien nicht akzeptabel und machten «fassungslos», schreibt die FDP. Nur: Für einen Mehrheitsentscheid im Bundesrat braucht es wohl die Stimme von mindestens einem FDP-Bundesrat. Über die Abläufe im Bundesrat sei er nicht im Bild, sagt dazu FDP-Fraktionspräsident Beat Walti.

Berset Sommaruga Coronavirus
Bundesrat Alain Berset spricht neben Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga während einer Medienkonferenz des Bundesrates zur aktuellen Lage im Zusammenhang mit dem Coronavirus, am Dienstag, 8. Dezember 2020, in Bern. - Keystone

«Ich glaube, das ist auch nicht so relevant. Es ist eine Kollegialbehörde und am Schluss müssen sich einfach mindestens vier von sieben hinter eine Massnahme stellen können.» Eine Vernehmlassung werde vielleicht auch mal grosszügiger ausgelöst. Heisst das, morgen Freitag werden dann ein paar Versuchsballone zum Platzen gebracht und die FDP-Bundesräte stimmen im Sinne ihrer Partei?

Cassis Keller-Sutter Gössi FDP
Bundesrätin Karin Keller-Sutter, FDP-Präsidentin Petra Gössi und Bundesrat Ignazio Cassis (v.l.) am «Tag der FDP» in der Schachenhalle in Aarau am 31. August 2019. - Keystone

Darum gehe es nicht, so Walti, sondern um ein griffiges Konzept mit verhältnismässigen und wirkungsvollen Eingriffen. «Das erreichen wir nicht mit einer Kakophonie zwischen Bund und Kantonen. Dazu braucht es endlich mal eine berechenbare Linie.»

Ampelsystem: Seit Monaten gefordert

Konkret fordert die FDP «ein stufenweises, nach Kantonen differenziertes und dem Ernst der Lage entsprechendes Interventionssystem». Also im weitesten Sinne ein Ampelsystem, wie dies andernorts bereits eingeführt wurde. In diese Richtung gehen auch Forderungen der Grünen und der SP.

Ampelsystem Österreich Coronavirus
Die Karte zur Corona-Ampel Österreichs mit Stand 16. Oktober (oben) und mit der letzten Aufdatierung vom 3. Dezember (unten). - Screenshots corona-ampel.gv.at

Die Linke will für die Ampel Kriterien wie Fallzahlen und Reproduktionsrate beiziehen. Die FDP die Reproduktionsrate des Coronavirus, die Hospitalisierungsrate pro Einwohner «sowie weitere Eckwerte». Zusammen hätte man im Nationalrat knapp, im Ständerat komfortabel eine Mehrheit, im Bundesrat ebenfalls. Wo liegt also das Problem?

Machtloses Parlament

«Mich freut es, wenn die SP auch verstanden hat, dass es so ein Ampelsystem braucht», meint dazu Beat Walti. Die konkrete Definition der Massnahmen liege aber zurecht in den Händen der Regierung.

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Interview mit Beat Walti, Präsident der FDP-Bundeshausfraktion. - Nau.ch

«Der Witz am Ganzen ist, dass sie ein Ampelsystem rechtzeitig einführen müssen. Nicht erst dann, wenn die Situation aus dem Ruder zu laufen droht.» Und nicht erst, wenn sowieso alle Ampeln auf Rot wären.

Für das Parlament sieht Walti keine Handhabe. «Alle dringlichen Mittel, die dem Parlament zur Verfügung stehen, haben eine mehrmonatige Auflauf-Zeit, bis sie irgendwo eine Wirkung entfalten können.» Natürlich könne man die Diskussion anheizen, Druck aufbauen oder Anregungen machen. «Aber letztlich ist die Verantwortung für die nächsten Wochen und Monate in den Händen der Exekutive.»

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