Migration

Friedrich Merz: Das ändert sich für die Schweiz mit neuem Kanzler

Nicola Aerschmann
Nicola Aerschmann

Deutschland,

Friedrich Merz dürfte Olaf Scholz als Kanzler ablösen. Experten schätzen ein, was der Machtwechsel für die Schweiz bedeuten könnte.

Olaf Scholz Friedrich Merz
Olaf Scholz und Friedrich Merz: der alte und der (wahrscheinlich) neue Bundeskanzler. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach der Ampel dürfte in Deutschland eine GroKo mit Friedrich Merz als Kanzler kommen.
  • Viel würde sich für die Schweiz mit der neuen Regierung nicht ändern, sagen Experten.
  • Allerdings ist der CDU-Politiker in der Schweizer Wirtschaft bereits gut vernetzt.

Die Wahlen in Deutschland brachten ein klares Verdikt: Mit 28,52 Prozent erreichte die Union aus CDU und CSU den grössten Stimmenanteil. Kanzlerkandidat Friedrich Merz erhält nun die Aufgabe, eine Regierung zu bilden.

Welche Koalition herauskommt, bleibt abzuwarten. Stand jetzt scheint eine Grosse Koalition mit der SPD am wahrscheinlichsten. Klar ist: Die Ampel-Regierung um Kanzler Olaf Scholz ist endgültig Geschichte. Es wird also eine neue Regierung mit einem neuen Kanzler geben.

Friedrich Merz
Friedrich Merz von der CDU hat beste Chancen, Kanzler zu werden. - dpa

Für die Schweiz sind die Wahlen inklusive Regierungsbildung im Nachbarland Deutschland natürlich ebenfalls von Bedeutung.

Was würde also ein Kanzler Merz für die Schweiz bedeuten? Was ändert sich im Vergleich zur Ampel?

Politik gegenüber der Schweiz wird vor allem in Brüssel gemacht

Oliver Strijbis, Professor für Politikwissenschaft an der Franklin University Switzerland, sagt gegenüber Nau.ch zunächst: «Traditionell gesehen hat die Schweiz ein besseres Verhältnis zu CDU- als zu SPD-Regierungen.»

Allerdings seien die Beziehungen zur Ampel nicht schlecht gewesen. «Insbesondere hat der Ukraine-Kurs von Kanzler Scholz nicht stark mit der Neutralitätspolitik der Schweiz kollidiert.»

Frühere Konfliktthemen wie die Steuerpolitik seien unter der Ampel kaum auf der Agenda gewesen.

Der Schweizer Politologe Gerald Schneider von der Universität Konstanz sagt gegenüber Nau.ch, dass sich für die Schweiz wohl nicht viel ändert. «Vielleicht wird der Süden wieder prominenter in der Regierung vertreten sein, besonders Baden-Württemberg ist ja untervertreten gewesen.»

Allerdings werde die Politik gegenüber der Schweiz sowieso «massgeblich in Brüssel gemacht». Und in der EU sei Deutschland letztlich «nur ein Mitgliedstaat unter vielen».

Hast du die Wahlen in Deutschland verfolgt?

Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sind spätestens im vergangenen Dezember wieder in den Fokus gerückt.

Kurz vor Weihnachten gab der Bundesrat bekannt, dass die Verhandlungen für ein neues Paket abgeschlossen seien. Voraussichtlich wird das Schweizer Stimmvolk 2028 über die Verträge entscheiden.

Grosse Änderungen dürften ausbleiben

Klar ist mit dem deutschen Wahlresultat auch: Die SPD dürfte weiterhin in der Regierung vertreten sein – ein radikaler Kurswechsel bleibt wohl aus. Selbst wenn Friedrich Merz Kanzler wird.

«Die Gefahr ist gross, dass es wieder oft eine Einigung auf den kleinsten Nenner gibt», sagt Schneider. Der Reformprozess würde so «im Schlafwandel» fortgesetzt werden. Das gehe zwar eigentlich nicht mehr. Aber sowohl in der Union als auch in der SPD gebe es Interessen, die tatsächliche Reformen verhindern.

Ampel
Ob das Scheitern der Ampel eine grosse politische Wende bringt, ist fraglich. Im Bild von links nach rechts: Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner. - keystone

«Die Wahrscheinlichkeit, dass sich in Deutschland nicht viel ändert, ist sehr gross», sagt auch Strijbis. Laut dem Experten könnte es jedoch eine etwas entschlossenere Ukraine- und Migrationspolitik geben.

In diesen beiden Bereichen könnte ein Kanzler Friedrich Merz die Schweiz sogar unter Druck setzen. «Sollte Merz Kanzler werden, erwarte ich keine Verbesserung der Beziehungen», sagt Strijbis.

Der CDU-Mann könnte auf schärfere Ukraine-Sanktionen drängen und die undokumentierte Migration aus der Schweiz stärker unterbinden wollen.

Friedrich Merz kennt die Schweiz gut

Positiv könnte sein, dass Friedrich Merz die Schweiz und deren Wirtschaft bereits bestens kennt. Er sass unter anderem von 2006 bis 2020 im Verwaltungsrat von Stadler Rail.

Stadler Rails VR-Präsident Peter Spuhler sagte bereits letztes Jahr über den möglichen neuen CDU-Kanzler: «Merz kennt die Schweiz gut, war oft hier.» Er habe vor allem den direktdemokratischen Prozess kennengelernt, so Spuhler gegenüber «CH Media».

Hierzulande gibt es jetzt natürlich die Hoffnung, dass sich diese Nähe zur Schweiz und zu ihrer Wirtschaft auszahlt.

Stadler Rail
Friedrich Merz kennt die Schweizer Wirtschaft unter anderem aus seiner Zeit als Verwaltungsrat bei Stadler Rail. - keystone

«Merz hat, wie typisch für einen CDUler, ein sehr positives Bild der Schweiz und deren Wirtschaft», bestätigt Strijbis. Allerdings dürften die Beziehungen zur Schweiz auf der Agenda weit unten stehen, relativiert der Experte.

Auch Schneider geht nicht davon aus, dass Merz' Schweizer Bezug eine grosse Rolle spielen wird. «Das Wirtschaftsministerium wird ja in den Händen einer anderen Person liegen», sagt er. Diese Person werde sicher eher die Interessen Brüssels und Berlins vertreten als diejenigen Berns.

Schneider führt aus: «Die Schweiz steht einfach ausserhalb von allen Allianzen und Koalitionen und kann bestenfalls als Bittsteller im zweiten Glied antreten.»

(Grosse) Koalition soll bis Ostern stehen

Friedrich Merz hat angekündigt, bis Ostern eine Koalition bilden zu wollen. Der Ostersonntag ist dieses Jahr am 20. April.

Die Union aus CDU/CSU hätte theoretisch mehrere Möglichkeiten, eine Mehrheit zu schaffen. Ein Bündnis mit der AfD hat der Kanzleranwärter aber bereits mehrfach ausgeschlossen.

Union AfD
Eine Koalition aus CDU/CSU und AfD wird es wohl nicht geben. - keystone

Damit bleibt die bereits erwähnte Grosse Koalition, für die es im neuen Bundestag ebenfalls eine Mehrheit gibt.

Wenn die Grünen dazukommen würden und es eine sogenannte Kenia-Koalition gäbe, wäre diese Mehrheit noch etwas klarer. Allerdings hat CSU-Chef Markus Söder eine Zusammenarbeit mit den Grünen bereits ausgeschlossen.

Kommentare

User #5052 (nicht angemeldet)

Wenn Europa nun aufwacht, muss auch die Schweiz sich einen Ruck geben. Sie kann sich nicht von gemeinsamen Anstrengungen des Kontinents dispensieren. Die Doktrin der bewaffneten Neutralität muss auf den Prüfstand mit dem klaren Ziel, die Schweiz neu zu positionieren. Mit der sicherheitspolitischen Trittbrettfahrerei ist es vorbei.

User #4039 (nicht angemeldet)

Merz muss den ausgestreckten Arm jetzt jeden Tag grüssen.

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