Krankenkassen-Vorlage: Haben Gewerkschaften wieder leichtes Spiel?
Die Gewerkschaften lancieren bereits die nächste Kampagne: Gegen die Krankenkassen-Vorlage EFAS. Einfach werde dies nicht, sagt Politologe Claude Longchamp.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Gewerkschaften haben einen Lauf, nachdem auch die BVG-Reform vom Volk abgelehnt wurde.
- Ende November wird über einheitliche Finanzierung der Grundversicherung abgestimmt.
- Trotz attraktivem Thema: Dieses Mal könnte es für SGB & Co. schwierig werden.
Folgt sogleich der nächste Streich der Gewerkschaften? Gerade eben haben diese mit über 67 Prozent Nein-Stimmen die BVG-Reform gebodigt.
Dies, nachdem sie schon Anfang März die 13. AHV-Rente mit überraschend hohen 58 Prozent durchbrachten. An deren Umsetzung hat die Politik bis heute schwer zu kauen.
EFAS: Nächste Abstimmung – nächster Sieg der Gewerkschaften?
Nach AHV und BVG folgt nun am 24. November EFAS, die einheitliche Finanzierung in der Krankenkassen-Grundversicherung. Auch dagegen haben die Gewerkschaften das Referendum ergriffen und heute ihre Abstimmungskampagne gestartet.
Eine Volksabstimmung zu einem populären Thema, kurz nach dem «Prämienherbst»: Können die Gewerkschaften erneut zuversichtlich sein?
Politologe Claude Longchamp bezweifelt das. Zwar sei die Grosswetterlage gleich, aber die Fronten verliefen etwas anders. Longchamp verweist auf die SP-Nationalrätinnen Sarah Wyss, Barbara Gysi und Ursula Zybach, die für ein linkes Ja werben: «Sie nehmen lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.»
Dazu komme die bereits vorab entschiedene Stimmfreigabe der Grünen. «Gleich einfach wie vor Monatsfrist werden es die Gewerkschaften nicht haben, namentlich nicht in der deutschsprachigen Schweiz», so Longchamp.
Trotz Thema «Prämien»: Inhaltlich (noch) offenes Rennen
Auch bei den Argumenten sieht der Politologe noch kein klares Bild, trotz populärem Thema und aktuellem Prämienschock. Beim Verweis des Ja-Lagers auf kurzfristige Ersparnisse im Gesundheitswesen seien FDP, Mitte und GLP bereits aufgestiegen.
Doch die Nein-Seite insistiere: Weil die Langzeitpflege vom Kanton in die Grundversicherung wechsle, drohten höhere Ausgaben der Krankenkassen. «Noch ist es meines Erachtens nicht entschieden, welche dieser Sichtweisen Oberhand gewinnen wird.»
Vorteil Gewerkschaften: Es ist kompliziert
Bei der Abstimmung über die BVG-Reform hat das Nein-Lager davon profitiert, dass kaum noch jemand den Durchblick hatte: Worüber wird abgestimmt und wer wäre wie betroffen? Solches könnte auch bei EFAS die Gegner begünstigen, sagt Claude Longchamp.
«Es geht 10 Tage nach dem letzten Urnengang direkt wieder ums Ganze.» Entsprechend sei der Abstimmungskampf zu EFAS bis am 24. November zu kurz für eine Vorkampagne mit Informationen über den Inhalt.
Der sei gut belegt: Je komplexer eine Vorlage, desto mehr brauche es Aufklärung, um sie verständlicher zu machen. «Fehlt das, sagt man schnell einmal Nein», hält Claude Longchamp fest.
«Ich erinnere gerne an die Managed Care Vorlage 2012, die abstrakt blieb und hochkant versenkt wurde.» Die 67 Prozent Nein-Anteil zur BVG-Reform wurden von vielen als «Klatsche» bezeichnet. Bei Managed Care waren es 76 Prozent Nein.