Peter Lauener: Sonderermittler erhob schwerwiegende Vorwürfe
Sonderermittler Marti hatte Bersets Kommunikationschef, Peter Lauener, im Frühjahr ins Gefängnis gesteckt – die Vorwürfe wogen schwerer, als gedacht.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Mai 2022 musste Peter Lauener wegen schwerwiegenden Vorwürfen vier Tage ins Gefängnis.
- Für den Sonderermittler bestand Verdacht auf «Gefährdung der verfassungsmässigen Ordnung».
- Die Klage wurde vor dem Zwangsmassnahmengericht abgelehnt: «Kein dringlicher Tatverdacht».
Sonderermittler Peter Marti hatte den ehemaligen Kommunikationschef von Alain Berset, Peter Lauener, im Frühjahr 2022 in Haft gesteckt. Der pensionierte SVP-Oberrichter war überzeugt: Peter Lauener habe der Tamedia-Redaktion einen vertraulichen Untersuchungsbericht zur Crypto-Affäre zugespielt.
Mit diesem Antrag ist Marti am 20. Mai 2022 vor dem Zwangsmassnahmengericht in Zürich abgeblitzt. Noch am selben Tag entschied auch das Bundesstrafgericht in Bellinzona zugunsten des damaligen Kommunikationschefs des Innendepartements: Nach vier Tagen Haft kam er auf freien Fuss. Kurze Zeit später reichte Lauener seinerseits eine Strafanzeige gegen Marti ein – wegen Amtsmissbrauches.
Gefährdung der Verfassungsmässigen Ordnung?
Wie die Tamedia-Zeitungen heute berichten, waren die Vorwürfe vonseiten des Sonderermittlers jedoch weitaus schwerwiegender, als ursprünglich angenommen: Demnach geht aus dem Urteil des Zwangsmassnahmengerichts hervor, dass Marti dem damaligen Kommunikationschef nicht nur Amtsgeheimnisverletzungen vorwarf.
Eher zufällig stiess Marti nämlich auch auf den regen E-Mail-Austausch zwischen Lauener und dem Ringier-CEO, Marc Walder. Für Marti stand er deswegen auch unter Verdacht, sich der «Gefährdung der verfassungsmässigen Ordnung» strafbar gemacht zu haben.
Lauener habe via «Blick» und anderen Ringier-Publikationen eine Presseberichterstattung lanciert und gefördert, um direkt auf die Entscheidungsfindnung im Bundesrat einzuwirken. Der Sonderermittler war der Ansicht, dass damit eben dieser Straftatbestand aus dem Katalog der «Verbrechen gegen den Staat» erfüllt sei.
Doch das Zwangsmassnahmengericht war anderer Meinung: Es bestehe kein «dringender Tatverdacht» – die Anschuldigungen Martis basierten, so das Urteil, auf «blossen Vermutungen».
Der Strafverteidiger von Lauener vertrat seinerseits die Ansicht, dass Marti den fraglichen E-Mail-Verkehr überhaupt nicht hätte verwerten dürfe. Er verlangte die Versiegelung sämtlicher sichergestellten Daten. Das Zwangsmassnahmengericht gab ihm recht: Marti wäre angehalten gewesen, den E-Mail-Verkehr zu siegeln und dessen Entsiegelung bei einem Zwangsmassnahmengericht zu beantragen.
Derzeit ist die Frage der Entsiegelung des E-Mail-Verkehrs beim Strafmassnahmengericht in Bern hängig, dieses hat bisher allerdings kein Urteil gefällt.
Der Wahlkampf der Ehefrau von Peter Lauener
Ferner geht aus dem Urteil aus Zürich hervor, dass Marti noch auf einer weiteren Ebene versucht hatte, ein Fehlverhalten nachzuweisen: Lauener habe von seinem geschäftlichen E-Mail-Account auch dutzende Nachrichten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf seiner Ehefrau, der Berner SP-Gemeinderätin Marieke Kruit, verschickt.
So habe er nicht nur seine Arbeitszeit, sondern auch die Kommunikationsinfrastruktur des Innendepartements für den Wahlkampf seiner Ehefrau missbräuchlich verwendet. Gemäss dem Einvernahmeprotokoll erhielt Marti vonseiten Laueners dieselbe Antwort, die er auch auf die übrigen gut 200 Fragen erhalten hatte: «Ich sage nichts.»
Alain Berset wiederum habe davon gewusst, dass Lauener «in die politische Auseinandersetzung in Bern» involviert gewesen sei. Gleichzeitig versicherte der Bundespräsident, dass Laueners Engagement «kein Hindernis bei seiner Arbeit» dargestellt habe.
Die Angelegenheit um die Corona-Leaks wird damit um eine weitere Facette ergänzt. Diese dürfte für viele einen weiteren Grund dafür bilden, dass die Geschäftsprüfungskommission im vorliegenden Fall vollständige Einsicht in den fraglichen E-Mail-Verkehr erhalten sollte. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.