Petition für Verbot von Gesichtserkennung im öffentlichen Raum
Ein Bündnis dreier zivilgesellschaftlichen Organisationen lanciert eine Petition für ein Verbot von Gesichtserkennungssystemen im öffentlichen Raum.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Einsatz von Gesichtserkennungssystemen ist in der Schweiz nicht reguliert.
- Ein Bündnis hat eine Petition lanciert, um den Einsatz zu verbieten.
- Die Massenüberwachung sei nicht vereinbar mit unseren Grundrechten.
Die Technologie der Gesichtserkennung kann vielerorts den Alltag erleichtern: Das Smartphone entsperren, in der U-Bahn bezahlen und auch das Covid-Zertifikat kann so geprüft werden. Die Gesichtserkennung kann allerdings auch als Instrument der Massenüberwachung im öffentlichen Raum dienen.
Gegen die Verwendung von Gesichtserkennungssystemen gibt es in der Schweiz derzeit kein explizites Verbot. Es gibt allerdings auch keine umfassende Erlaubnis. Ein Bündnis aus «Amnesty International», «AlgorithmWatch Schweiz» und der «Digitalen Gesellschaft» will nun Klarheit schaffen. Gemeinsam lancieren die Organisationen eine Petition für ein Verbot von automatischer Gesichtserkennung und biometrischer Massenüberwachung.
Polizei und Flughafen nutzen automatisiertes Kontrollsystem
Die Organisationen warnen, der Einsatz von Gesichtserkennungssystemen breite sich derzeit in Europa rasant aus. Es sei damit zu rechnen, dass auch bei uns gesetzliche Grundlagen geschaffen werden, die den breiten Einsatz dieser Technologien erlauben. «Oder, dass diese ohne ausreichende gesetzliche Grundlage zunehmend eingesetzt werden», schreibt das Bündnis weiter.
In vier Kantonen setzt die Polizei bereits heute bei ihren Ermittlungsarbeiten auf eine Gesichtserkennungs-Software. Diese wird etwa zur Identifizierung von Personen eingesetzt, nach denen gefahndet wird.
Auch der Flughafen Zürich setzt auf eine ähnliche Software. Wer einen biometrischen Pass besitzt, kann für die Passkontrolle eine automatisierte Schleuse statt den Schalter nutzen. Die Kantonspolizei Zürich erklärt: «Dieses gleicht die biometrischen Erkennungsmerkmale des Gesichts der ein- beziehungsweise ausreisenden Person lediglich mit den auf ihrem Pass gespeicherten Daten ab. Es erfolgt weder eine Registrierung noch die Abfrage einer Datenbank mit biometrischen Daten.»
Was für uns noch freiwillig ist, wird allerdings für Einreisende aus Drittstaaten bald zur Pflicht: Ab Mai 2022 müssen diese ihre biometrische Daten – Fingerabdrücke und Gesichtsbild – am Flughafen abgeben. So will es die EU-Kommission. Biometrische Daten gehören allerdings zu den besonders schützenswerten Personendaten. Daher sollte aus Sicht des Datenschutzes der Einsatz stets freiwillig und bewusst erfolgen.
«Besorgniserregender Schritt zur Massenüberwachung»
Erik Schönenberger, Geschäftsleiter der Digitalen Gesellschaft, sagt zum Einsatz solcher Systeme: «Das ist ein besorgniserregender Schritt zu einer flächendeckenden und permanenten Massenüberwachung. Dabei geraten nicht nur Schwerverbrecher ins Visier, sondern die gesamte Bevölkerung.»
Die grösste Gefahr drohe durch eine Kombination von Videoüberwachung und Gesichtserkennung, schreibt das Bündnis weiter. Immer mehr Länder setzten darauf – vor allem mit dem Argument, die nationale Sicherheit zu schützen. Die massive Verletzung der Grundrechte der gesamten Bevölkerung werde dabei ignoriert.
Demokratie in Gefahr
Massenüberwachung sei auf keinen Fall mit unseren Grundrechten vereinbar. «Wenn wir im öffentlichen Raum mittels Gesichtserkennungssystemen jederzeit identifiziert oder verfolgt werden können, verletzt dies die Privatsphäre. Und es schreckt Menschen davon ab, an Demonstrationen teilzunehmen oder ihre Meinung offen zu äussern», sagt Angela Müller, von «AlgorithmWatch».
Die Rechte auf Meinungs- oder Versammlungsfreiheit seien für das Funktionieren der demokratischen Gesellschaft jedoch von zentraler Bedeutung. Diese dürften deshalb nicht untergraben werden.