Schlägt bei der SVP die Stunde der Aussenseiter?

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Viele (Kron-)Favoriten der SVP sagen für die Nachfolge von Bundesrat Ueli Maurer ab. Dies eröffnet plötzliche Chancen für Aussenseiterinnen.

Monika Knill Michèle Blöchlinger
Diese SVP-Regierungsrätinnen sind einer Bundesratskandidatur nicht abgeneigt: Die Thurgauerin Monika Knill (links) und die Nidwaldnerin Michèle Blöchliger. - zvg

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach vielen Absagen für die Bundesratskandidatur eröffnen sich Chancen für Aussenseiter.
  • Zwei SVP-Regierungsrätinnen lassen sich auf Anfrage alle Optionen offen.
  • Monika Knill und Michèle Blöchliger bringen viel Führungserfahrung mit.

Hundert Prozent Interesse für den freiwerdenden SVP-Sitz im Bundesrat gibt es einzig unter den Ständeräten der Volkspartei. Von den sechs Männern kommt aufgrund von Alter und Herkunft einzig der Berner Werner Salzmann überhaupt infrage. Und Salzmann will kandidieren, wie er gegenüber Nau.ch ankündigte.

SVP-Ständeräte Werner Salzmann
Werner Salzmann ist der einzige SVP-Ständerat, der aufgrund von Alter und Sprachregion überhaupt für die Nachfolge von Ueli Maurer infrage kommt – und er kandidiert auch tatsächlich. - parlament.ch / Nau.ch

Die meisten anderen hoch gehandelten Namen mussten mittlerweile aber wieder von den Listen gestrichen werden. Dies eröffnet Chancen für Aussenseiter, die nicht unbedingt schon auf nationaler Ebene Ämter bekleiden. Im Fokus steht derzeit der Aargauer Regierungsrat Jean-Pierre Gallati, der sowohl SVP-intern wie -extern ins Gespräch gebracht wird. Im Fokus stehen aber vor allem auch Frauenkandidaturen, die ein Zweierticket vervollständigen könnten.

Zwei Regierungsrätinnen sind nicht abgeneigt

Solche Aussenseiterinnen mit guten Qualifikationen hätte die SVP durchaus zu bieten. Auf Anfrage bekunden gleich zwei der drei übriggebliebenen Regierungsrätinnen Interesse. Eine Absage erteilt die Glarnerin Marianne Lienhard. Sie hätte als Finanzfachfrau Ueli Maurer kompetent beerben und Glarus zum ersten Bundesratssitz seit 1878 verhelfen können.

Sollte die SVP für die Nachfolge von Ueli Maurer mindestens eine Frauenkandidatur präsentieren?

Hoffen darf aber der Kanton Thurgau, der seit 1934 keinen Bundesrat mehr stellte. Monika Knill ist seit 2008 im Thurgauer Regierungsrat und war schon drei Mal Regierungspräsidentin.

Sie lässt sich alle Optionen offen, indem sie sich «heute nicht persönlich» äussere. Die Kantonalparteien hätten ja bis am 21. Oktober Zeit, um allfällige Kandidaturen zu melden.

Regierungsrätin Monika Knill Thurgau
Die Thurgauer Erziehungsdirektorin Monika Knill bei einem Interview. - zvg

Noch konkreter wird Michèle Blöchliger aus dem Kanton Nidwalden. Sie scheint alles mitzubringen, was sich die SVP von einer Bundesratskandidatin wünschen würde. Aber auch alles, um in den Anhörungen der anderen Fraktionen eine gute Falle zu machen.

Holt Blöchliger den ersten Nidwaldner Bundesratssitz seit 1848?

«Ich bin von verschiedenen Personen aus meinem Umfeld schon darauf angesprochen worden, ich solle mir das doch überlegen», erzählt Blöchliger. Sie amtete vier Jahre lang als Nidwaldner Gesundheits- und Sozialdirektorin, seit Juli ist sie Finanzdirektorin. Davor sass sie 16 Jahre im Kantonsparlament, welches sie 2018 auch präsidierte.

Michèle Blöchliger Res Schmid
Die beiden Nidwaldner SVP-Regierungsräte Michèle Blöchliger und Res Schmid beim Holzen. - zvg

«Ich habe deshalb Kontakt mit der Kantonalpartei aufgenommen», so Blöchliger. Offenbar wäre sie einer Bundesratskandidatur nicht abgeneigt: «Wir sind im Gespräch und sind das am Anschauen.» Der Kanton Nidwalden stellte noch kein einziges Mal einen Bundesrat. Die Zentralschweiz ist war grundsätzlich bisher untervertreten in der Landesregierung – ein weiterer Bonuspunkt für Blöchliger.

Blöchliger bezeichnet Englisch als «zweite Muttersprache», aber auch Französisch und Italienisch spreche sie fliessend. Von Beruf Rechtsanwältin, hat sie Führungserfahrung bei der UBS gesammelt und als Geschäftsführerin eines KMU. Bekannte hätten sich schon gewundert: «Wieso steht Dein Name nicht auf der Liste?»

Aussenseiterchancen dank Favoritensterben bei SVP-Promis

Die Regierungsrätinnen Blöchliger und Knill haben intakte Chancen, schlussendlich auch nominiert zu werden. Denn das Feld möglicher Kandidaten aus dem Parlament sieht langsam aber sicher dünn aus. Nationalrat Gregor Rutz will nicht, Regierungsrätin Natalie Rickli auch nicht. Milliardärin Magdalena Martullo-Blocher verzichtet ebenso wie der Berner Regierungsrat Pierre-Alain Schnegg.

Rickli Rutz Martullo-Blocher Bundesratskandidatur
Prominente Absagen für die Bundesratskandidatur bei der SVP: Die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli, der Zürcher Nationalrat Gregor Rutz und die Zürcher/Bündner Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher (v.l.n.r.) - Keystone

Letzterer hätte so oder so auch die «falsche» Muttersprache gehabt. Rund die Hälfte der 54 SVP-Nationalräte hat entweder explizit abgesagt oder wäre am Wahltag bereits über 60 Jahre alt. Bei weiteren sechs ist eine Kandidatur unwahrscheinlich, zum Beispiel infolge Mutterglücks (Umbrich Pieren), Provokationspotenzial (Köppel) oder jugendlichen Alters (Fischer).

Ausstehende Entscheide bei Rösti, Friedli & Co.

Unter den verbleibenden 20 Personen ist auch ein Albert Rösti mit intakten Chancen. Bei anderen scheint dies weniger der Fall zu sein – doch das muss nichts heissen. Denn auch der andere SVP-Bundesrat, Guy Parmelin, war als Aussenseiter angetreten.

Albert Rösti Bundesratskandidatur
Der ehemalige SVP-Präsident Albert Rösti diskutiert im Nationalratssaal mit (v.l.n.r.) Bastien Girod (Grüne), Martin Bäumle (GLP) und Stefan Müller-Altermatt («Die Mitte»). - Keystone

Als «Alibi-Romand» schien er auf dem damaligen Dreierticket zu figurieren. Nur schon mit der Ankündigung seiner Kandidatur hatte er manch einen Beobachter überrascht, insbesondere in der Deutschschweiz.

Nebst Rösti wird aus dem Nationalrat auch anderen SVPlern Bundesrats-Potenzial zugeschrieben. Thomas Matter, Esther Friedli, Thomas Aeschi oder «Geheimtipp» Monika Rüegger haben sich noch nicht zu einer Kandidatur geäussert.

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