SVP-Spitze pfeift erneut «Abweichler» zurück
Trotz Ja-Mehrheit in der SVP-Fraktion: Parlamentarierinnen und Parlamentarier sollen nicht bei Efas-Ja-Komitees mitmachen.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei der Efas-Krankenkassenvorlage stimmte die SVP mehrheitlich mit Ja.
- Nun werden die Befürworter aber von der Parteileitung an die kurze Leine genommen.
- Es werden Erinnerungen wach an die Kehrtwende der SVP beim Stromgesetz.
In der SVP brodelt es – und wieder geht es um die Haltung in einer Volksabstimmung. Nachdem im Frühling die Parteiführung die Fraktion beim Stromgesetz zu einer 180-Grad-Wende drängte, ist nun die Krankenkassenvorlage dran.
SVP mehrheitlich dafür, Fraktionschef Aeschi dagegen
Der Streitpunkt ist die Vorlage zur Krankenkassenfinanzierung. Das Parlament plant eine Umverteilung der Kosten im Gesundheitswesen. Dies durch eine einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen im Bereich der Akutversorgung – kurz Efas genannt.
Die Gewerkschaft Vpod hat gegen diese Vorlage das Referendum eingereicht. Sie befürchtet höhere Prämien und negative Auswirkungen auf das Personal. Innerhalb der SVP fand diese Argumentation jedoch wenig Anklang.
Trotz einer klaren Zustimmung von zwei Dritteln der Fraktion zur Vorlage Ende 2023 und einer einstimmigen Zustimmung aller sieben SVP-Vertreter im Ständerat gibt es Bestrebungen, die Partei in dieser Frage umzustimmen. Treibende Kraft soll gemäss «CH Media» Fraktionspräsident Thomas Aeschi sein, der die Vorlage ablehnt.
Interne Spannungen nehmen zu
Hannes Germann, langjähriger Vertreter des Kantons Schaffhausen im Ständerat und bekannt für seine konsensorientierte Politik, hat seine Frustration zum Ausdruck gebracht. Er wirft seiner Partei nun gemäss «CH Media»vor, ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen.
In einer E-Mail wurden den Fraktionsmitgliedern am Wochenende nahegelegt, sich zurückzuhalten und nicht bereits in Ja-Komitees einzutreten. Dies stiess bei vielen auf Unverständnis – darunter auch bei Hannes Germann und Diana Gutjahr, Nationalrätin aus dem Thurgau.
Gutjahr äusserte ihre Irritation darüber, wie mit der vorherrschenden Meinung innerhalb der Fraktion umgegangen werde: «Ich habe bereits lange zugesagt. Ausserdem habe ich auch bereits mehrfach öffentlich Stellung bezogen».
Zuerst sollen an SVP-DV Parolen beschlossen werden
Recherchen haben ergeben, dass hinter diesem Vorgehen Thomas Aeschi steht – ein erklärter Gegner des Efas-Vorlage. Franz Grüter, SVP-Stabschef, bestätigte, dass Aeschi in der Parteileitung interveniert und damit einen Komitee-Stopp in der Fraktion bewirkt hat.
Aeschi selbst wollte die internen Parteiangelegenheiten nicht kommentieren. Er verwies auf die Statuten der SVP Schweiz, wonach die Delegiertenversammlung für die Parolenfassung zuständig ist: «Diese findet am 12. Oktober in Aarau statt. Bis dahin sollten sich Parteimitglieder mit Positionsbezügen in Abstimmungskomitees zurückhalten».
SVP-Fraktionsmitglied: «Es ist so dumm»
Die aktuelle Situation erinnert an den letzten Abstimmungssonntag über das Stromgesetz. Auch bei dieser Vorlage änderte die SVP trotz grosser Zustimmung plötzlich ihre Position. Und startete eine Kampagne gegen ihren eigenen Bundesrat Albert Rösti.
Ein Mitglied der Fraktion äusserte seine Frustration über diese Wiederholung desselben Szenarios: «Es ist so dumm, dass man diesen Fehler nun bei erster Gelegenheit wiederholt».
Gruppenbildung innerhalb der SVP
Diese jüngsten Kontroversen sind kein Zufall. Seit ihrem Wahlsieg vor einem Jahr hat sich innerhalb der SVP eine Gruppe gebildet. Diese möchte einen progressiveren Weg einschlagen – abseits klassischer Themen wie Migration oder Neutralität.
Jüngere Mitglieder wie Martina Bircher oder Diana Gutjahr haben bereits gegen offizielle Parteidoktrinen rebelliert. Oft mit Unterstützung von Ständeräten wie Germann oder Jakob Stark.
Einige in der SVP vermuten, dass die Parteiführung versucht, jüngere Fraktionsmitglieder einzuschüchtern. Es bleibt abzuwarten, wer sich traut, aus der Deckung zu kommen. Hannes Germann hat den ersten Schritt gemacht.