Stromgesetz: SVP-interner Schlagabtausch eskaliert
SVP-Nationalrat Christian Imark macht der Parteileitung um Magdalena Martullo-Blocher Vorwürfe wegen des Stromgesetz-Neins. Von Wirtschaft habe sie mehr Ahnung.
Das Wichtigste in Kürze
- Offiziell ist die SVP gegen das Stromgesetz, doch eine starke Minderheit ist dafür.
- Nun greifen sich die beiden Lager direkt an.
- Die Befürworter sollen sich zurückhalten, doch diese machen der Parteileitung Vorwürfe.
Dass sich Parteien intern bei Volksabstimmungen nicht einig sind, ist nicht weiter ungewöhnlich. Oft gibt solches gar Anlass zum Selbstlob, von wegen Meinungsvielfalt. Bei der SVP heisst es dann gerne auch «wir sind eben eine Volkspartei». Beim Stromgesetz wird die parteiinterne Debatte innerhalb der Volkspartei aber in immer gehässigerem Ton geführt.
Unterschwellige Vorwürfe
Dabei haben grosse Teile der SVP selbst einen Meinungsumschwung hinter sich. Die Mehrheit der Bundeshaus-Fraktion folgte ursprünglich den Argumenten ihres Bundesrats Albert Rösti. Energiepolitiker wie SVP-Nationalrat Christian Imark und SVP-Ständerat Jakob Stark hatten Überzeugungsarbeit geleistet. Doch bei der Parolenfassung an der DV kippte die SVP, angeführt von Magdalena Martullo-Blocher, ins Nein.
Nun aber schliessen sich immer mehr SVP-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier dem Ja-Komitee an und Christian Imark geht in die Offensive. Gegenüber «CH Media» meint er vielsagend: Martullo sei in der Wirtschaftspolitik besser bewandert als in der Energiepolitik. «Entsprechend sollte sie ihren Fokus legen» – lies: Sich nicht bei Themen einmischen, bei denen sie weniger Ahnung hat.
Imarks Aktionismus gilt aber nicht nur der persönlichen Ebene. Er befürchtet, die Bürgerlichen würden sonst die SVP nicht mehr als Allianzpartner sehen. Nämlich dann, «wenn die SVP alles torpediert, was wir in der Kommission mit den Bürgerlichen ausarbeiten.» Das gelte im Übrigen nicht nur beim Stromgesetz, sondern auch beim neu aufgelegten CO2-Gesetz.
Martullo-Blocher soll AKW-Pläne gefährden
Auf die bürgerliche Allianz wäre die SVP aber angewiesen, wenn sie in Zukunft wieder auf Atomenergie setzen will. Wenn man die FDP und Teile der Mitte jetzt vergraule, gefährde Martullo-Blocher die bürgerlichen Mehrheiten, sagt Imark. Damit torpediere sie letztlich ureigene Interessen der SVP: Dass in der Schweiz in Zukunft wieder AKWs gebaut werden können.
Dem widerspricht allerdings SVP-Präsident Marcel Dettling, denn diese bürgerlichen Mehrheiten gebe es gar nicht. Gegenüber «CH Media» weisst er darauf hin, dass der Nationalrat soeben in der Legislaturplanung über einen AKW-Antrag abgestimmt habe. «Da war nichts von einer bürgerlichen Allianz zu sehen. Wir waren alleine.»
SVP & Stromgesetz: Parolen-Diktat von oben?
Das Stromgesetz wiederum bezeichnet Dettling als faulen Kompromiss. Gerüchtehalber sollen weitere parteiinterne Abweichler möglichst verhindert werden. So im Energiekanton Aargau, wo die SVP-Sektion Anfang Mai ihre Parole beschliesst. Als Redner vorgesehen ist der Aargauer SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner – ein Stromgesetz-Befürworter.
Dass nun SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi oder Marcel Dettling persönlich an der DV zum Rechten sehen werden, mag letzterer nicht bestätigen. Dass er die Abweichler ins Gebet genommen habe, hingegen schon: «Ich habe den Befürwortern des Stromgesetzes in der Fraktion gesagt, dass sie in Zukunft zurückhaltend sein sollen.»
Eine Zukunft, die für Christian Imark offensichtlich noch nicht begonnen hat.