Stromgesetz: SVP-interner Schlagabtausch eskaliert

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

SVP-Nationalrat Christian Imark macht der Parteileitung um Magdalena Martullo-Blocher Vorwürfe wegen des Stromgesetz-Neins. Von Wirtschaft habe sie mehr Ahnung.

Albert Rösti SVP-DV Stromgesetz
Die SVP-Bundesräte Guy Parmelin und Albert Rösti stimmen Ja zum Stromgesetz an der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz, am 23. März 2024 in Langenthal BE. Doch nur eine Minderheit folgt ihnen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Offiziell ist die SVP gegen das Stromgesetz, doch eine starke Minderheit ist dafür.
  • Nun greifen sich die beiden Lager direkt an.
  • Die Befürworter sollen sich zurückhalten, doch diese machen der Parteileitung Vorwürfe.

Dass sich Parteien intern bei Volksabstimmungen nicht einig sind, ist nicht weiter ungewöhnlich. Oft gibt solches gar Anlass zum Selbstlob, von wegen Meinungsvielfalt. Bei der SVP heisst es dann gerne auch «wir sind eben eine Volkspartei». Beim Stromgesetz wird die parteiinterne Debatte innerhalb der Volkspartei aber in immer gehässigerem Ton geführt.

Unterschwellige Vorwürfe

Dabei haben grosse Teile der SVP selbst einen Meinungsumschwung hinter sich. Die Mehrheit der Bundeshaus-Fraktion folgte ursprünglich den Argumenten ihres Bundesrats Albert Rösti. Energiepolitiker wie SVP-Nationalrat Christian Imark und SVP-Ständerat Jakob Stark hatten Überzeugungsarbeit geleistet. Doch bei der Parolenfassung an der DV kippte die SVP, angeführt von Magdalena Martullo-Blocher, ins Nein.

Nun aber schliessen sich immer mehr SVP-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier dem Ja-Komitee an und Christian Imark geht in die Offensive. Gegenüber «CH Media» meint er vielsagend: Martullo sei in der Wirtschaftspolitik besser bewandert als in der Energiepolitik. «Entsprechend sollte sie ihren Fokus legen» – lies: Sich nicht bei Themen einmischen, bei denen sie weniger Ahnung hat.

Christian Imark AKW
SVP-Nationalrat Christian Imark bei der Einreichung der Unterschriften für die Volksinitiative «Jederzeit Strom für alle», am 16. Februar 2024, mit der das AKW-Bauverbot aufgehoben werden soll. - keystone

Imarks Aktionismus gilt aber nicht nur der persönlichen Ebene. Er befürchtet, die Bürgerlichen würden sonst die SVP nicht mehr als Allianzpartner sehen. Nämlich dann, «wenn die SVP alles torpediert, was wir in der Kommission mit den Bürgerlichen ausarbeiten.» Das gelte im Übrigen nicht nur beim Stromgesetz, sondern auch beim neu aufgelegten CO2-Gesetz.

Martullo-Blocher soll AKW-Pläne gefährden

Auf die bürgerliche Allianz wäre die SVP aber angewiesen, wenn sie in Zukunft wieder auf Atomenergie setzen will. Wenn man die FDP und Teile der Mitte jetzt vergraule, gefährde Martullo-Blocher die bürgerlichen Mehrheiten, sagt Imark. Damit torpediere sie letztlich ureigene Interessen der SVP: Dass in der Schweiz in Zukunft wieder AKWs gebaut werden können.

Marcel Dettling Magdalena Martullo-Blocher
SVP-Präsident Marcel Dettling (links) spricht mit SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher an der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz, am 23. März 2024, in Langenthal BE. - keystone

Dem widerspricht allerdings SVP-Präsident Marcel Dettling, denn diese bürgerlichen Mehrheiten gebe es gar nicht. Gegenüber «CH Media» weisst er darauf hin, dass der Nationalrat soeben in der Legislaturplanung über einen AKW-Antrag abgestimmt habe. «Da war nichts von einer bürgerlichen Allianz zu sehen. Wir waren alleine.»

SVP & Stromgesetz: Parolen-Diktat von oben?

Das Stromgesetz wiederum bezeichnet Dettling als faulen Kompromiss. Gerüchtehalber sollen weitere parteiinterne Abweichler möglichst verhindert werden. So im Energiekanton Aargau, wo die SVP-Sektion Anfang Mai ihre Parole beschliesst. Als Redner vorgesehen ist der Aargauer SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner – ein Stromgesetz-Befürworter.

Wie wirst du beim Stromgesetz abstimmen?

Dass nun SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi oder Marcel Dettling persönlich an der DV zum Rechten sehen werden, mag letzterer nicht bestätigen. Dass er die Abweichler ins Gebet genommen habe, hingegen schon: «Ich habe den Befürwortern des Stromgesetzes in der Fraktion gesagt, dass sie in Zukunft zurückhaltend sein sollen.»

Eine Zukunft, die für Christian Imark offensichtlich noch nicht begonnen hat.

Kommentare

AT-1945

Aber genau das ist typisch für Politiker, dass sie auch dort mitreden, wo sie nichts verstehen

User #2287 (nicht angemeldet)

Müssen 151 Windkraftanlagen, deren Errichtung mehr als 1,1 Milliarden Euro gekostet hat, abgerissen werden, weil sie die Rentierzucht der indigenen Samen beeinträchtigen? Das ist jedenfalls die wahrscheinliche Konsequenz eines Urteils, das Norwegens Oberster Gerichtshof am Montag verkündete. Ihre Einwirkung auf die Kultur der Samen verletze deren Menschenrechte. Es liege ein Verstoß gegen den auch „UN-Zivilpakt“ genannten „Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte“ vor. Dessen Artikel 27 verbrieft einen umfassenden Schutz der Kultur ethnischer, sprachlicher und religiöser Minderheiten. Dass der Bau und der Betrieb dieser Anlagen einen massiven Eingriff in die Rentierzucht und damit die Lebensgrundlage und Kultur der Samen darstellt, gestand seinerzeit auch die Genehmigung zu. Aber sie ging davon aus, dass der Bau vertretbar sei, wenn den Samen für Mehrarbeit und Mindereinnahmen von den Windkraftbetreibern angemessener Schadenersatz gezahlt würde.

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