Trotz Verbot: SVP schmuggelt Mädchen-Video in TeleZüri-Werbung
Politische Werbung am Fernsehen ist verboten. Dennoch zeigten Schweizer Privatsender Teile der Mädchen-Kampagne der SVP. Recherchen zeigen, wie es dazu kam.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SVP sorgt mit einem neuen Abstimmungs-Video für Furore. Im Fokus steht ein Mädchen.
- Teil des Clips wurden unverändert in Werbefenstern von Schweizer Privatsendern gezeigt.
- Politische Werbung ist verboten, die SVP fand einen Weg, dies zu umgehen.
Plötzlich ist Feuer in der Abstimmungskampagne um die Begrenzungsinitiative. Mit einem provokanten Video bringt die SVP ihre Gegner in Rage. Grund: Protagonistin ist ein rund 12-jähriges Mädchen, welches die Argumente der Sünneli-Partei herunterrattert.
Dabei tauchen auch immer wieder dunkelhäutige Menschen auf. Etwa, wenn das Mädchen über böse «Räuber» spricht. Das brachte der Partei teilweise gar Rassismus-Vorwürfe ein. Harmlos dagegen ist der Einstieg in den 2-Minuten-Clip.
Politische Werbung gemäss Gesetz «verboten»
Das Kind spaziert dabei durch Berge und sinniert über Bäche und Berge. Etwas später geht es um die «Kultur», die es zu bewahren gelte. Illustriert wird die Botschaft von der christlichen Kathedrale in Freiburg.
Pikant: Diese Passagen tauchen nicht nur im SVP-Video auf. Sondern in unveränderter Form auch in der TV-Werbung der Privatsender TeleZüri oder 3plus. Obwohl politische TV-Werbung in Fernsehen und Radio gesetzlich verboten ist.
Geregelt ist dies in Artikel 10 des Radio- und TV-Gesetzes (RTVG). Darin heisst es, dass Werbung «für Themen, welche Gegenstand von Volksabstimmungen sind» nicht zulässig ist.
Als Absender figuriert aber nicht die Rechtspartei, sondern die Interessengemeinschaft «ProKultura». Das sorgt hinter den Kulissen für Diskussionsstoff. Nun zeigen Nau.ch-Recherchen: Um einen Zufall handelt es sich nicht.
Luzerner SVP-Vize «schmuggelt» Spot in Werbefenster
Hinter der unbekannten Interessensgemeinschaft steckt Olivier Imfeld. Der umtriebige SVP-Mann war jahrelang der Manager von DJ Bobo und vertrat auch Sportler wie Dominique Aegerter. Auf Anfrage bestätigt Imfeld, dass er das Video bei den Sendern eingespeist habe.
Erstmals gesehen habe er den Clip bei einem gemeinsamen Termin mit SVP-Nationalrat Thomas Matter, sagt der Vize-Präsident der Luzerner SVP. Matter ist für das Video verantwortlich, wie gegenüber Nau.ch bestätigte. Imfeld sagt, die Botschaft des ersten Teils über Landschaft und Kultur habe ihn beeindruckt.
«Deshalb fragte ich Matter, ob ich den Ausschnitt für eine Fernseh-Werbung in Namen von ProKultura verwenden darf», erklärt Imfeld. Der prominente Nationalrat gab dafür flugs sein Okay. «Zahlreiche Privatsender wie TeleZüri, TeleBärn, 3plus oder 4plus haben den Spot dann auch ausgestrahlt.»
«Der Inhalt des Gezeigten ist keinesfalls politisch»
Die Sender hätten dies «zu Recht» getan, findet Imfeld. Denn: «Der Inhalt des Gezeigten ist keinesfalls politisch.» Er besagt nur, «dass wir zu Natur und Kultur Sorge tragen sollen.» Die Gegner der SVP dürften das freilich anders sehen.
Nicht ganz klar ist, wie viele Tage oder Wochen das Video in den Werbefenstern der CH-Media-Kanäle lief. Jedoch hätten die Verantwortlichen bei der «IG ProKultura» durchaus skeptisch werden können.
«Ich habe sie vor einigen Monaten gegründet, sie entstammt der Pro-Culture.ch», erklärt Imfeld. Dazu erstellte er auch eine umfangreiche Homepage, auf der er seine Ziele erklärt. Seit dem frühen Mittwochmorgen ist die Seite allerdings aus dem Netz verschwunden.
Beim für die Ausstrahlung für die Spots verantwortlichen Medienkonzern CH Media wurde intern offenbar intensiv diskutiert. Nach fast zwei Tagen lässt ein Sprecher ausrichten: «Jegliche von CH Media ausgestrahlten Inhalte werden vor Veröffentlichung auf Konformität mit internen Richtlinien und rechtlichen Rahmenbedingungen geprüft.»
Tele Züri & Co: Wir wurden von SVPlern getäuscht
Zum Zeitpunkt der Buchung des Spots «war ein Zusammenhang mit der Begrenzungsinitiative für CH Media nicht erkennbar», erklärt er. Der Medienkonzern richtet weiter happige Vorwürfe in Richtung SVP.
«Der Auftraggeber hat offensichtlich in der Absicht das Verbot der Werbung für Themen, welche Gegenstand von Volkabstimmungen sind, zu umgehen, CH Media über die Urheberschaft des Spots getäuscht», so der Sprecher. Die Ausstrahlung des Spots sei «unmittelbar» nach Bekanntwerden der Urheberschaft gestoppt worden.