Ukraine-Krieg: Immer mehr Schweizer wollen Nato beitreten
Die russische Invasion in der Ukraine schlägt sich auf das Befinden der Schweizer Bevölkerung nieder, die pessimistischer und ängstlicher geworden ist.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit dem Ukraine-Krieg ist die Schweizer Bevölkerung deutlich pessimistischer.
- Die Zustimmung für höhere Armeeausgaben ist stark gestiegen.
- Auf einem Höchststand befindet sich der Support einer NATO-Annäherung.
Der Ukraine-Krieg hat die Stimmung der Schweizer Bevölkerung spürbar verändert. Schweizerinnen und Schweizer blicken pessimistischer in die Zukunft, die Mehrheit will deshalb eine Stärkung der Armee. Ausserdem hat der Krieg zu einer kritischeren Sicht auf die Schweizer Neutralität geführt. Gleichzeitig werden sicherheitspolitische Kooperationen mit der NATO oder der EU beliebter.
Dies geht aus der Nachbefragung der Studie «Sicherheit 2022» hervor. Diese wird von der Militärakademie (MILAK) und dem Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich jährlich herausgegeben. Die Daten der Studie «Sicherheit 2022» waren vor der russischen Invasion in die Ukraine erhoben worden. Um die Auswirkungen des Krieges zu erfassen, wurde nun eine Nachbefragung bei 1003 Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern durchgeführt.
Ein Drittel der Schweizer wegen Ukraine-Krieg ängstlicher geworden
Jede Dritte Person ist aufgrund des Krieges in der Ukraine ängstlicher geworden. Dennoch fühlen sich 94 Prozent «in unserer heutigen Zeit ganz allgemein gesprochen» «eher sicher» oder gar «sehr sicher».
Insgesamt sind 22 Prozent der Befragten pessimistisch, was die nächsten fünf Jahre für die Schweiz angeht. Bei der weltpolitischen Lage sehen gar 76 Prozent eine düstere nahe Zukunft. Die Werte liegen deutlich höher als noch vor einem Jahr.
Zustimmung für höhere Verteidigungsausgaben klar gestiegen
Die Zustimmung für höhere Verteidigungsausgaben hat seit der Befragung im Januar 2021 stark zugenommen. 19 Prozent der Befragten gaben an, die Armeeausgaben seien «zu wenig» hoch – der höchste Wert seit den 80er Jahren. Hingegen denken noch 30 Prozent, die Schweiz gebe «zu viel» für die Armee aus, der tiefste bis anhin gemessene Wert. Eine solch klare Verschiebung zwischen den zwei Einstellungen konnte in diesem Ausmass noch nie festgestellt werden, hält der Bericht fest.
Daraus lasse sich nicht direkt ableiten, ob die Bevölkerung die vom Parlament beschlossene Erhöhung um 2 Milliarden bis 2030 befürworte. Dies, da nicht konkret nach dem Entscheid gefragt wurde. Auch sei nicht klar, welchen Betrag die Befragten nun als Referenz für ihre Meinungsäusserung verwendeten. Nach wie vor ist eine relative Mehrheit von 46 Prozent der Meinung, die Armeeausgaben seien «gerade richtig».
Kooperationen mit NATO und EU werden beliebter
Die Zustimmung zu einer Annäherung der Schweiz an die NATO erreicht mit 52 Prozent einen Höchststand. Auch einem Beitritt stimmen deutlich mehr Menschen zu. Mit 27 Prozent vertreten diese weiterhin eine deutliche Minderheit.
Die Schweizer Bevölkerung steht ganz klar weiterhin hinter dem Neutralitätsprinzip (89 Prozent). Doch erstmals seit 20 Jahren zeigte die Befragung einen Rückgang. Der Anteil mit der Überzeugung, die Neutralität schütze die Schweiz vor internationalen Konflikten, ist von 69 auf 58 Prozent gesunken.
Bei der Studie wurde auch die Haltung gegenüber den Sanktionen gegen Russland befragt. 77 Prozent finden es richtig, dass die Schweiz die Sanktionen mitträgt. 71 Prozent geben an, diese seien mit der Schweizer Neutralität vereinbar.