Mordfall Lübcke: Bundesweiter Schlag gegen Hass im Netz
Bundesweiter Schlag gegen Hass im Netz: In zwölf Bundesländern hat es am Donnerstag Durchsuchungen wegen Hasskommentaren im Zusammenhang mit dem getöteten Regierungspräsidenten Walter Lübcke gegeben.

Das Wichtigste in Kürze
- Durchsuchungen bei 40 Beschuldigten in zwölf Bundesländern wegen Hasskommentaren.
Die Aktion der Ermittlungsbehörden richtete sich gegen 40 Beschuldigte, wie die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main mitteilte. Sie stehen im Verdacht, in sozialen Netzwerken zur Tötung des Kommunalpolitikers aufgerufen oder die Tat gebilligt zu haben.
Hintergrund sind Ermittlungen der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, die seit Mitte September 2019 gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe des hessischen Landeskriminalamts geführt wurden. Dabei wurden in den vergangenen Monaten zahlreiche Hasskommentare gesichert und deren Verfasser ermittelt.
Gegen die Beschuldigten in zwölf Bundesländern wird je nach Fall wegen Beleidigung, wegen des Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten, der Billigung von Straftaten und des Verunglimpfens des Andenkens Verstorbener ermittelt.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sieht darin eine konsequente Antwort des Rechtsstaats. «Menschenverachtende Drohungen schaffen ein Klima der Gewalt», schrieb sie im Kurzbotschaftendienst Twitter. Dem Mord an Walter Lübcke sei eine «widerliche Hetze im Netz» vorausgegangen. «Deshalb muss klar sein: Wer Menschen bedroht, muss mit konsequenter Strafverfolgung rechnen», erklärte Lambrecht.
In Bayern und Nordrhein-Westfalen ermitteln die Strafverfolgungsbehörden demnach jeweils gegen sieben Beschuldigte, in Hessen und Sachsen gegen je sechs Beschuldigte, wobei in Sachsen bereits einer verstorben ist. Weitere Ermittlungen gibt es in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Die Verfahren werden von den jeweiligen Generalstaatsanwaltschaften und Staatsanwaltschaften in den Bundesländern geführt.
Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke war am 2. Juni vergangenen Jahres von einem mutmasslichen Rechtsextremen ermordet worden. Motiv soll Lübckes liberale Haltung in der Flüchtlingskrise gewesen sein. Der mutmassliche Mörder Stephan E. soll aus einer völkisch-nationalistischen Grundhaltung gehandelt haben. Der Prozess gegen E. und einen mutmasslichen Komplizen soll am 16. Juni beginnen.
Im Netz tauchten nach der Tat zahlreiche hämische Kommentare zum Tod Lübckes auf. Bereits vor dem Mord wurde in sozialen Netzwerken gegen den Kasseler Regierungspräsidenten gehetzt.
Die Bundesregierung legte inzwischen ein Gesetzespaket gegen Hetze und Hass vor, das in Kürze verabschiedet werden soll. Da Kommunalpolitiker einen besonderen Schutz brauchen, sieht das Gesetzespaket Lambrecht zufolge deutliche Verschärfungen des Strafrechts und eine Meldepflicht an das Bundeskriminalamt bei Volksverhetzungen, Morddrohungen oder Nazipropaganda vor.
Der Deutsche Richterbund sieht das konsequente Vorgehen gegen Hasskommentare im Netz als «richtige Antwort des Rechtsstaats, um die Spirale aus Hass und Gewalt zu unterbrechen». Mit dem neuen Gesetz kämen auf die Staatsanwaltschaften allerdings bis zu 150.000 neue Verfahren jährlich zu, erklärte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn. Die Länder müssten bei Polizei und Justiz daher deutlich nachlegen.