Hochkarätige Rednerinnen und Redner diskutierten beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum (WEF) über diverse Themen. Ein Überblick.
WEF Selenskyj
Selenskyj am WEF. - keystone
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Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, der Umgang mit künstlicher Intelligenz (KI), der Klimawandel, Wirtschaftswachstum und der Kampf gegen Falschinformationen beschäftigten die hochkarätigen Rednerinnen und Redner am diesjährigen WEF. Wer am Elitetreffen was gesagt hat. Ein Überblick.

Putin sei ein «Raubtier»

SELENSKYJ: Der zweifelsohne wichtigste Gast des diesjährigen WEF, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, sprach am Dienstag im Davoser Kongresszentrum. Er warnte dabei vor einem möglichen «Einfrieren» des russischen Krieges gegen sein Land. «Jeder eingefrorene Konflikt wird irgendwann wieder aufflammen», sagte der Staatschef am WEF.

Der russische Präsident Wladimir Putin habe kein Interesse an einer Friedenslösung. Er sei ein «Raubtier, das sich nicht mit Tiefkühlprodukten zufriedengebe», so Selenskyj. Im Nachgang zum Besuch Selenskyjs verübte die russische Gruppierung «No Name» einen Cyberangriff auf die Bundesverwaltung.

AMHERD: Selenskyj traf sich am Montag mit Bundesräten in Bern. Dabei sagte Bundespräsidentin Viola Amherd zu, einen hochkarätigen Friedensgipfel für die Ukraine organisieren zu wollen. Die Arbeiten dazu hätten inzwischen begonnen, sagte Amherd am Donnerstag in Davos.

Der Zeitpunkt des Gipfels, der laut einer Quelle aus der Bundesverwaltung in Genf stattfinden soll, ist noch unklar. Für diese guten Dienste der Schweiz erntete Amherd gemäss eigenen Aussagen viel Lob bei ihren vielen Treffen am Rande des WEF. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA in Bezug auf den Friedensgipfel: «Das gehört zu den nützlichen Initiativen.»

Macron: «Wir dürfen Russland nicht gewinnen lassen»

MACRON: Der französische Staatschef hatte am Dienstagabend in einer Rede gesagt: «Wir dürfen Russland nicht gewinnen lassen.» Er kündigte an, dass er im Februar in die Ukraine reisen werde und dass Frankreich etwa 40 Raketen und mehrere Hundert Bomben nach Kiew liefern will. Weiter erinnerte er an verstärkte Investitionen Europas in Zukunftstechnologien, um mit den USA und China Schritt zu halten.

«Europa muss eine Investitionsstrategie entwickeln», sagte Macron am Mittwoch in Davos. Es müsse mehr Geld in Innovation und die Industrieentwicklung fliessen, etwa in künstliche Intelligenz, umweltschonende Unternehmen sowie die Halbleitertechnik. Europa müsse bei Schlüsseltechnologien souverän aufgestellt sein.

LI QIANG: Chinas Ministerpräsident Li Qiang kündigte am Dienstag in Davos an, dass sich sein Land weiter öffnen wolle, und warb damit um ausländische Investitionen. Die Wirtschaft Chinas ist laut Li im vergangenen Jahr ungefähr um 5,2 Prozent gewachsen. 2023 habe sich die Ökonomie des Landes mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern erholt. Am Montag traf sich der Regierungschef mit Bundespräsidentin Amherd und Wirtschaftsminister Guy Parmelin in Bern.

Dabei wurde eine Erklärung zum Freihandelsabkommen unterzeichnet, das seit 2014 besteht: Es soll modernisiert werden. Lis Besuch war auch in Bezug auf den Ukraine-Krieg wichtig für den Westen. Die westlichen Staaten hofften, über Peking als Verbündeten Russlands Einfluss auf Moskau nehmen zu können. Zu einem Treffen mit Selenskyj sei es jedoch nicht gekommen, schrieb die NZZ.

Anzeigen gegen Herzog

VON DER LEYEN: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen rief am WEF zu einer fortgesetzten Unterstützung der Ukraine auf. Die bisherigen Entwicklungen zeigten, dass die Ukraine in diesem Krieg bestehen könne, sagte sie am Dienstag in einer Rede in Davos. Dafür müsse sie in ihrem Widerstand aber weiter gestärkt werden.

«Die Ukraine benötigt Planbarkeit bei der Finanzierung im gesamten Jahr 2024 und darüber hinaus», sagte von der Leyen vor dem Hintergrund noch ausstehender Zusagen. Zudem brauche sie kontinuierliche Waffenlieferungen. Den bisherigen Verlauf des Konfliktes wertete von der Leyen als Beweis dafür, dass der russische Präsident Putin seine strategischen Ziele in der Ukraine bislang verfehlt hat.

HERZOG: Auch die Rede des israelischen Präsidenten Jitzchak Herzog in Bezug auf den Nahostkonflikt wurde mit Spannung erwartet. Er sagte am Donnerstag im Davoser Kongress: «Die Israelis haben ihr Vertrauen in die Friedensprozesse verloren, weil sie sehen konnten, dass der Terror von unseren Nachbarn verherrlicht wird.» Derzeit sei die Bereitschaft, über ein Friedensabkommen nachzudenken, in Israel gering.

Am Dienstag gingen bei der Kantonspolizei Bern Anzeigen gegen Herzog ein. Laut Informationen von Keystone-SDA steckt eine Gruppe mit dem Namen «Legal Action Against Crimes Against Humanity» dahinter. Sie schrieben: «Wir erhoffen uns die Eröffnung einer Strafuntersuchung; eine solche Untersuchung könnte parallel zu den Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof stattfinden.»

Künstliche Intelligenz wichtiges Thema am WEF

BLINKEN: Der Nahostkonflikt beschäftigte auch US-Aussenminister Antony Blinken – er warb am WEF erneut für eine Zweistaatenlösung. Viele arabische und muslimische Länder hätten ihre Haltung zu Israel zuletzt geändert und nun Interesse an stabilen Beziehungen, sagte er am Mittwoch. Eine dauerhafte Lösung für die Region beinhalte aber die Vision eines palästinischen Staates. Andernfalls werde Israel keine echte Sicherheit bekommen.

MILEI: Argentiniens ultraliberaler Präsident Javier Milei lobte am WEF die freie Marktwirtschaft und den Kapitalismus. «Der Kapitalismus ist das einzige System, das die Armut in der Welt beenden kann», sagte der Staatschef am Mittwoch. «Der Sozialismus führt immer zu einem wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Niedergang.»

Zuvor sorgte er mit seiner Anreise für Aufsehen. Anders als andere Staatschefs nahm er einen Linienflug in die Schweiz. «Tatsächlich konnten wir durch die gewählte Reiseart rund 392'000 US-Dollar einsparen», schrieb Milei in einem Post auf der Plattform X (vormals Twitter).

ALTMAN: Der Chef des ChatGPT-Erfinders OpenAI, Sam Altman, zeigte Verständnis für die Ängste vieler Menschen in Verbindung mit künstlicher Intelligenz (KI). «Diese Technologie ist eindeutig sehr mächtig und wir wissen nicht mit Sicherheit, was genau passieren wird», sagte Altman am Donnerstag. «Ich denke, es wäre sehr schlecht, wenn man nicht vorsichtig wäre und nicht wüsste, was auf dem Spiel steht, deshalb finde ich es gut, dass die Leute nervös sind.» Die künstliche Intelligenz und ihre Herausforderungen waren am diesjährigen WEF in diversen Podien, Referaten und Interviews wichtiges Thema.

Über 60 bilaterale Treffen

ZWINGGI: WEF-Direktor Alois Zwinggi unterstrich im Gespräch mit Keystone-SDA die Gefahren von Falschinformationen, die unter anderem auch durch KI generiert wurden. Täuschend echte Videos, die Reden auf dem Podium des Weltwirtschaftsforums (WEF) zeigten, die gar nie stattfanden, und von KI generierte Bilder wurden über das WEF verbreitet. Falschinformationen seien insbesondere in diesem Jahr sehr problematisch, weil 2024 rund 4,2 Milliarden Menschen wählen gehen werden.

Es stehen die Europawahlen und die Wahl eines neuen US-Präsidenten auf der politischen Agenda. Man habe sich deshalb am WEF sehr damit beschäftigt, wie man die demokratischen Prozesse sicherstellen könne, so Zwinggi. Er kündigte zudem eine Initiative mit Medienunternehmen an, die sich dem verantwortungsvollen Umgang mit KI widmen soll.

BUNDESRÄTE: Auch sechs von sieben Bundesräten nahmen am WEF teil: In über 60 bilateralen Treffen sprachen sie über die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten und widmeten sich dem EU-Dossier. Dieses sei nun «sehr gut» unterwegs, sagte Amherd am Donnerstag. Aussenminister Ignazio Cassis kündigte an, China und Indien für den Ukraine-Friedensgipfel gewinnen zu wollen. Parmelin stellte nach einem Treffen mit der argentinischen Aussenministerin Diana Mondino in Aussicht, dass das seit Jahren geplante Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten – darunter die Schweiz – mit Südamerikas Handelsblock Mercosur noch 2024 zum Abschluss kommen könnte.

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