Merkel ruft Putin zu Abbau russischer Truppen im Umfeld der Ukraine auf
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Blick auf den Ostukraine-Konflikt zu einem Abbau der russischen «Truppenverstärkungen» aufgefordert.
Das Wichtigste in Kürze
- Selenskyj rühmt an Frontlinie im Osten das «Heldentum» der ukrainischen Soldaten.
Dies sei erforderlich, um «eine Deeskalation der Lage zu erreichen», sagte Merkel am Donnerstag in einem Telefonat mit dem Kreml-Chef. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte indessen den ukrainischen Soldaten, während die USA sich besorgt über die jüngsten «russischen Aggressionen» zeigten.
Bei einem Besuch an der östlichen Frontlinie rühmte Selenskyj das «Heldentum» der Soldaten seines Landes, von denen im Konflikt mit den pro-russischen Kämpfern seit Jahresbeginn bereits 25 getötet wurden. In der Ostukraine gebe es «tatsächlich eine Eskalation», sagte der Präsident. «Alle Kommandeure verstehen, dass Scharfschützen auf unsere Leute zielen.»
Selenskyj reiste am Donnerstag zu einem Truppenbesuch in den Donbass. Das ukrainische Präsidialamt gab Aufnahmen frei, auf denen zu sehen ist, wie der Präsident mit einem Helm und kugelsicherer Weste Auszeichnungen an ukrainische Soldaten übergibt.
Der kriegerische Konflikt zwischen der ukrainischen Armee und den pro-russischen Kämpfern verschärfte sich in den vergangenen Wochen. Zuletzt lösten Berichte über massive russische Truppenverlegungen an die Grenze zur Ukraine im Westen grosse Besorgnis aus. Selenskyj forderte die Nato daraufhin auf, den Beitritt seines Landes zu der Militärallianz voranzutreiben.
Merkel und Putin hätten sich «besorgt über die Eskalation der Spannungen im Südosten der Ukraine» geäussert, teilte der Kreml zu dem Telefonat zwischen der Kanzlerin und dem russischen Präsidenten mit. Putin warf der ukrainischen Regierung den Angaben zufolge «provokative Handlungen» vor, die «gezielt die Situation an der Front verschärfen». Die russische Aussenamtssprecherin Maria Sacharowa erklärte, die Unterstützung der Nato für die Ukraine trage «nicht zur Sicherheit» und zur «Beilegung des Konflikts» bei.
Nach Angaben der USA hat Russland an der Grenze eine so starke Truppenpräsenz aufgebaut wie seit Beginn des Konflikts in der Region vor sieben Jahren nicht mehr. «Russland hat jetzt mehr Soldaten an der Grenze zur Ukraine als zu jedem anderen Zeitpunkt seit 2014», sagte die Sprecherin von Präsident Joe Biden, Jen Psaki, am Donnerstag vor Journalisten. Die USA seien «zunehmend besorgt» über «eskalierende russische Aggressionen in der Ostukraine».
Moskau bestreitet, die pro-russischen Kämpfer politisch und militärisch zu unterstützen. Die Ukraine warf Russland in der vergangenen Woche vor, an ihrer nördlichen und östlichen Grenze mehrere tausend Soldaten zu stationieren.
Im so genannten Normandie-Format sollten Russland und die Ukraine gemeinsam mit Frankreich und Deutschland eine Beilegung des Konflikts um die Ostukraine erreichen, was aber nicht abschliessend gelang. Der russische Beauftragte für den Ukraine-Krieg, Dmitri Kosak, kündigte für den 19. April Gespräche der politischen Berater der vier Teilnehmerstaaten des Normandie-Formats an.
Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW, die sich für die Verhütung eines Atomkriegs einsetzt, warnte am Donnerstag vor einer Eskalation des Konflikts um die Ostukraine. Die Organisation wies auf das Nato-Manöver Defender Europe 21 hin, bei dem Deutschland zu einer «Drehscheibe für Militärtransporte» werde. Die Bundeswehr sei zwar nur mit 430 Einsatzkräften an dem Manöver beteiligt, habe aber ein Budget von 2,9 Millionen Euro eingeplant.
Die IPPNW-Vorsitzende Susanne Grabenhorst sprach sich gegen die Forderung Selenskyjs nach einem schnellen Nato-Beitritt aus. «Der Beitritt zu einem Militärbündnis ist keinesfalls geeignet zu einer Konfliktbearbeitung», erklärte Grabenhorst. Der Weg müsse in Richtung einer «Neutralität der Ukraine» gehen.