Robert-Koch-Institut rät zu «sozialer Distanzierung» wegen Coronakrise
Die Menschen in Deutschland sollen wegen des Coronavirus auf Abstand zueinander gehen.
Das Wichtigste in Kürze
- Mittlerweile drei Tote und mehr als 1600 Erkrankte in Deutschland.
«Soziale Distanzierung» sei derzeit das wichtigste Anliegen, sagte der Vizepräsident des Robert-Koch-Instituts, Lars Schaade, am Mittwoch in Berlin. Die Zahl der in Folge des Coronavirus verstorbenen Menschen erhöhte sich auf drei. Derweil bleibt der Umgang mit Grossveranstaltungen uneinheitlich - während in der Fussballbundesliga Zuschauer ausgeschlossen werden, sind sie im Europapokal teilweise zugelassen.
RKI-Vize Schaade sagte, es gehe «darum, Abstand zwischen die Menschen zu bringen». Unabhängig von den zahlreichen abgesagten Grossveranstaltungen sollte sich jeder im Einzelfall überlegen, zu welchen Veranstaltungen er noch gehe. Auch bei Besuchen von Gaststätten solle jeder überlegen, wann er dort hingehe. Das gelte auch für Treffen mit mehreren Menschen im privaten Bereich. Hier werde an die Eigenverantwortung appelliert.
Das RKI veröffentlicht derzeit nur einmal täglich Fallzahlen, nach der jüngsten Veröffentlichung von Dienstagabend gab es 1296 Fälle. Die Veröffentlichung der Johns-Hopkins-Universität in den USA gelten aber als plausibel auch für Deutschland, demnach erhöhte sich die Zahl der Infizierten in Deutschland bis Mittwochnachmittag auf mehr als 1600.
Das RKI geht von deutlich mehr Infektionen und «hohen Fallzahlen» aus, das Coronavirus könnte 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung erreichen. Eine Testung auf das Virus sei erst zu empfehlen, wenn auch Symptome vorlägen, sagte der RKI-Vizepräsident. Ein vor Auftreten von Symptomen vorgenommener Test könne negativ ausfallen, der Betroffene könne dennoch später Symptome zeigen.
Im besonders vom Coronavirus betroffenen nordrhein-westfälischen Kreis Heinsberg starb ein weiterer Mensch infolge der Krankheit. Nähere Einzelheiten konnte die Kreisverwaltung noch nicht nennen. Es war der zweite Coronavirustote in dem Landkreis und der dritte in Deutschland. Am Montag waren eine 89 Jahre alte Frau und ein 78 Jahre alter Mann gestorben.
In Potsdam liegt ein zweijähriges Kind mit einer Coronainfektion auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Es war mit Atemproblemen eingeliefert und auf die Kinderintensivstation verlegt worden. «Der Gesundheitszustand des kleinen Patienten ist stabil und nicht lebensbedrohlich», teilte die Kinderklinik mit.
Derweil findet am kommenden Wochenende erstmals ein Spieltag der Fussballbundesliga komplett ohne Zuschauer statt. RB Leipzig gab bekannt, am Samstag ohne Zuschauer gegen den SC Freiburg zu spielen. Zuvor hatten die Behörden in Berlin dem Klub Union Berlin untersagt, gegen den FC Bayern München Zuschauer zuzulassen. Mit dem 23 Jahre alten Timo Hübers von Hannover 96 gibt es erstmals im deutschen Profifussball einen bestätigten Krankheitsfall.
Die Fussballvereine handeln allerdings weiter uneinheitlich: So waren am Dienstagabend in der Champions League in Leipzig noch Zuschauer zugelassen. Eintracht Frankfurt spielt in der Bundesliga ebenfalls ohne Publikum, in der Europa League werden gegen Basel am Donnerstagabend aber Zuschauer ins Stadion gelassen. Unterdessen verlegte der Deutsche Fussballbund die kommenden beiden Spieltage der dritten Liga auf frühestens Anfang Mai.
Die Absage von Veranstaltungen weitet sich bundesweit deutlich aus. Rheinland-Pfalz sagte das für Juni geplante Landesfest in Andernach bereits jetzt ab. Die deutschen Lungenärzte verschoben ihren für Ende März in Leipzig geplanten turnusmässigen Kongress auf Ende Juni. Auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände sagte auf Bundesebene bis Anfang Juli alle Veranstaltungen ab, auf Landesebene kam es ebenfalls zu Absagen.
In den meisten Bundesländern verboten die Gesundheitsbehörden Veranstaltungen mit mehr als tausend Teilnehmern inzwischen offiziell. Einige Bundesländer wie Berlin und Baden-Württemberg verschoben auch den Beginn der Vorlesungszeit des Sommersemesters. Die Grünen in Niedersachsen sowie die FDP in Bayern und Schleswig-Holstein sagten zudem für die kommenden Wochen geplante Landesparteitage ab.