So will Donald Trump Präsident werden, wenn er die Wahl verliert
Donald Trump hat bereits einmal eine verlorene Wahl umbiegen wollen. Dieses Mal hat er vorgesorgt.
Das Wichtigste in Kürze
- Donald Trump könnte bei einer Wahlniederlage das Ergebnis nicht anerkennen.
- Möglich ist aber auch, dass das Ergebnis lange hinausgezögert wird – dank Trump-Leuten.
- Nach der Niederlage 2020 hat das Trump-Team dieses Mal Vorkehrungen getroffen.
Eingefleischte Kampagnenmanager sind leicht irritiert über den Wahlkampf-Schlussspurt von Donald Trump. Statt der Prestige-Sendung «60 Minutes» ein Interview zu geben, hält er unter anderem eine seiner «Rallies» in Coachella ab.
Also nicht in einem umkämpften Swing State, sondern in Kalifornien, wo seine Chancen gegen null tendieren. Am Ort, der vor allem für sein jährliches Öko-Hippie-Musikfestival berühmt ist und wo eine Latino-Mehrheit wohnt. Wo er dann trotzdem, wie gewohnt, über Migranten lästert.
Plant Donald Trump einen Staatsstreich?
Aber vielleicht muss Donald Trump gar nicht an der Urne gewinnen. Er braucht nur viel Aufmerksamkeit zu generieren. Beobachter vermuten, das Trump-Team habe einen perfiden Plan – manche nennen es gar einen Staatsstreich.
Denn statt sich auf Wählerstimmen zu verlassen, setzt Trumps Kampagne auf eine Flut von Gerichtsklagen. Dies scheint die Schlüsselstrategie zur Rückeroberung des Weissen Hauses zu sein.
Sollte Kamala Harris die Wahl gewinnen, wird Donald Trump das Resultat nicht anerkennen und von Betrug und «gestohlener Wahl» reden. Das hat er zwar 2020 auch schon versucht. Aber dieses Mal ist er vorbereitet.
Verschleppen des Wahlprozesses
Bereits seit Monaten reichen das Republikanische Nationalkomitee und verbündete Gruppen – unter Mitvorsitz von Trumps Schwiegertochter – zahlreiche Klagen ein.
Diese zielen darauf ab, Wählerlisten zu bereinigen: Wer schon lange nicht mehr gewählt hat, ist vermutlich weggezogen, oder? Manchmal genügt auch ein «spanisch klingender Nachname», um Verdacht zu erregen, berichtet etwa CBS News.
Grundsätzlich soll alles unternommen werden, um das definitive Wahlresultat möglichst hinauszuzögern. Um sich dann darüber zu beklagen, dass alles zu lange dauere und darum manipuliert sein müsse.
So wehren sich Republikaner in Pennsylvania und Wisconsin dagegen, dass Briefwahlstimmen im Voraus ausgezählt werden können. In Georgia forderten sie, dass jede Stimme von Hand gezählt werden müsse.
Mit Klagen soll eine erhebliche Anzahl von Briefwahlstimmen für ungültig erklärt werden. So hätten es lokale Beamte leichter, Wahlergebnisse nicht anzuerkennen, um so eine Pattsituation zu provozieren.
Die richtigen Personen auf dem richtigen Posten
Dass solches gelingt, ist nicht ausgeschlossen und könnte Donald Trump schlussendlich den Weg zurück ins Weisse Haus ebnen. Denn die Maga-Bewegung («Make America Great Again», Deutsch: «Amerika wieder gross machen») hat vorgesorgt.
So sitzt etwa im Wahlausschuss des Bundesstaates Georgia eine Mehrheit von Trump-Getreuen. Dazu schmiss man gar Republikaner raus, die als ungenügend unterwürfig angesehen wurden.
Das Magazin «Rolling Stone» hat in den Swing States fast 70 Bezirkswahlbeamte identifiziert, die explizit dem Trump-Lager angehören.
Diese glauben nicht nur die Verschwörungstheorie, dass Trump 2020 eigentlich gewonnen habe. Sondern sie haben auch schon zuvor die Gültigkeit von Wahlen angezweifelt oder die Bestätigung von Wahlergebnissen verzögert oder verweigert.
Parteiische Gerichte
Das ist zwar weder deren Aufgabe, noch ist es erlaubt. Doch das spielt eine untergeordnete Rolle. Denn dann beginnt die nächste Phase: der Gang vor Gericht. Und das kann dauern.
Donald Trump hat in seiner Amtszeit nicht nur für eine solide republikanische Mehrheit im Bundesgericht gesorgt. Auch in den Berufungsgerichten haben rund ein Viertel der Richterinnen und Richter ihre Ernennung Trump zu verdanken.
Diese Leute wurden zuvor handverlesen von der Federalist Society, einer den Republikanern nahestehenden Juristenvereinigung. Aber selbst wenn ein Gericht schlussendlich nicht in Trumps Sinn entscheiden sollte: Wertvolle Zeit verstreicht so oder so.
Chaos und Verunsicherung
Dazu schürt das Trump-Lager schon seit Jahren Misstrauen gegenüber dem Wahlprozess. Das so entstehende Hin und Her nach erfolgter Wahl führt zu Verzögerungen und allein diese könnten massive Auswirkungen haben.
Wenn einzelne Bezirksergebnisse nicht fristgerecht bestätigt werden, können sie auch auf Bundesstaatsebene nicht bestätigt werden. Wegen des Wahlleute-Systems der USA entsteht so erst recht ein Chaos.
Jeder Bundesstaat hat entsprechend der Grösse seiner Bevölkerung eine bestimmte Anzahl Wahlleute zu bestimmen. Republikanisch-dominierte Bundesstaaten könnten mangels Wahlresultat versucht sein, «alternative Wahlleute» nach Washington zu schicken. Natürlich mit entsprechendem Wahlauftrag fürs Wahlkollegium.
«… dann sprechen wir von einem echten Putsch»
Oder, die wahrscheinliche republikanische Mehrheit im Parlament würde dafür sorgen, dass weder Harris noch Trump eine Mehrheit im Wahlkollegium erlangt.
Dann würde eine sogenannte Kontingent-Wahl zum Zuge kommen: Jede Delegation eines Bundesstaats erhält eine Stimme. Aktuell kontrollieren die Republikaner 26, die Demokraten 22 Delegationen, zwei sind gleichmässig aufgeteilt. Dieses Verhältnis dürfte in etwa so bleiben oder sich zugunsten der Republikaner verschieben.
«Dann betreten wir wirklich das Reich der Gesetzlosigkeit», sagt Wahlrechts-Experte Rick Hasen gegenüber «Politico». «Wenn die Leute bereit sind, das Gesetz einfach zu ignorieren und jemanden zum Sieger zu erklären: Dann sprechen wir von einem echten Putsch.»
Sorgen um Anwendung von Gewalt
Im Lager der Demokraten und Bürgerrechtler ist man sich all dieser (geplanten) Machenschaften sehr wohl bewusst. Mit allerlei Massnahmen und Regel-Anpassungen versucht man, den Erfolg dieser undemokratischen Machtübernahme zu verhindern.
Doch Bürgerrechts-Anwalt Jonathan Diaz ist dennoch besorgt: «Die Tatsache, dass wir uns darauf vorbereiten und reagieren müssen, ist kein gutes Zeichen für die Gesundheit der Republik.»
Die Sorgen scheinen mehr als berechtigt: In einer Umfrage sagen 19 Prozent der Republikaner, Donald Trump solle im Fall einer Wahlniederlage das Ergebnis für ungültig erklären. Danach müsse er «alles Notwendige tun», um sein Amt anzutreten. Dasselbe sagen allerdings auch zwölf Prozent der Demokraten über Kamala Harris.
«Alles Notwendige», das kann für 29 Prozent der Republikaner auch Gewaltanwendung heissen. Bei Demokraten liegt der Wert bei acht Prozent.