Statistik-Genie Nate Silver: Chance für Donald Trump viel grösser
Seine Modelle liegen meistens richtig: Nate Silver rechnet zu 58 Prozent mit einem Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen.
Das Wichtigste in Kürze
- Donald Trump gewinnt mit 58 Prozent Wahrscheinlicheit die Wahl zum US-Präsidenten.
- Das sagt Statistiker Nate Silver, der für seine genauen Prognosen bekannt geworden ist.
- Umfragen zeigen ein anderes Bild – doch mit dem US-Wahlsystem ist alles möglich.
Nate Silver gilt als Genie, wenn es um das Interpretieren von Umfragen und daraus abgeleiteten Prognosen geht. Oder er galt es zumindest, bis er sich bei den US-Wahlen 2016 verhaute und einen Sieg von Hillary Clinton voraussagte. Eine einmalige – wenn auch sehr prominente – Fehleinschätzung. Denn noch 2008 sagte er die Ergebnisse in 49 von 50 Bundesstaaten und alle 35 Senats-Wahlen korrekt voraus.
Silver rechnet mit Wahrscheinlichkeiten und berücksichtigt dazu Dutzende von Umfragen, gewichtet sie, rechnet Faktoren mit hinein. Sein Modell sah trotz Kamala-Enthusiasmus letzte Woche Donald Trump wieder mit leicht besseren Chancen. Diese Woche nun mit viel besseren: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 58,2 Prozent werde Donald Trump erneut US-Präsident.
Kamala Harris: Gute Umfragewerte reichen nicht
Kamala Harris muss sich demnach mit 41,6 Prozent zufriedengeben. Die Welle der Begeisterung für Demokratin Harris scheine abzuebben. Laut Silver hat Harris aber gute Chancen, am meisten Stimmen zu machen: Hier rechnet Silver mit fast genau den umgekehrten Wahrscheinlichkeiten: Harris hat knapp 59 Prozent Chancen, die meisten Stimmen zu machen, Trump nur 41 Prozent.
Dass es dann doch nicht zur Präsidentschaft reicht, liegt am US-Wahlsystem: Die Bundesstaaten verteilen je nach Grösse ihrer Bevölkerung «Wahlmännerstimmen» auf die Kandidierenden. So kam es immer wieder vor, dass der eine Kandidat zwar insgesamt mehr Stimmen, der andere aber mehr Wahlmännerstimmen erhielt. Denn bei den meisten Bundesstaaten gehen sämtliche ihnen zustehenden Wahlmännerstimmen an dieselbe Person – egal, wie knapp das Resultat war.
Umfragen sehen (noch?) Donald Trump im Rückstand
Das Modell von Nate Silver scheint nichtsdestotrotz den aktuellen Umfragen zu widersprechen. Fast überall liegt Kamala Harris vorne oder der Abstand zu Donald Trump liegt im Bereich des statistischen Fehlers. Dass Silvers Annahme doch nicht ganz an den Haaren herbeigezogen ist, davon gehen zwei Top-Umfragemacher aus.
Diese decken die sieben umkämpften Bundesstaaten ab und sehen dort Trump vorne oder zumindest am Aufholen. Und: Sie könnten damit richtig liegen. Denn sie gehörten sowohl 2016 wie 2020 zu denjenigen Meinungsforschern, die am allerbesten abschnitten.
Oder es kommt alles ganz anders: Theoretisch gibt es Kombinationen aus Bundesstaaten, mit denen weder Trump noch Harris die nötigen 270 Wahlmännerstimmen erhalten. Auch das berücksichtigt das Modell von Nate Silver. Die Wahrscheinlichkeit für ein Unentschieden liegt bei 0,3 Prozent – im Moment.