Tusk ruft zum Boykott von Präsidentschaftswahl in Polen auf
Das Wichtigste in Kürze
- Donald Tusk hat zum Boykott der Präsidentschaftswahlen in Polen aufgerufen.
- Der frühere EU-Ratspräsident nennt Wahl inmitten der Corona-Krise «verfassungswidrig».
Der ehemalige EU-Ratspräsident, Donald Tusk, hat zum Boykott der inmitten der Corona-Krise geplanten Präsidentschaftswahl in Polen aufgerufen.
Die Abstimmung sei «verfassungswidrig», sagte der ehemalige polnische Ministerpräsident am Dienstag in einer Videobotschaft im Onlinedienst Twitter. Die Regierung in Warschau steht seit Wochen in der Kritik, weil sie die Wahl trotz der Pandemie weiterhin am 10. Mai abhalten will.
«Ich werde mich nicht an der Abstimmung am 10. Mai beteiligen», sagte der Vorsitzende der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) in seiner Botschaft. Er vermeide «absichtlich das Wort ‹Wahl›», denn die geplante Abstimmung habe «nichts mit einer Wahl zu tun».
Er bezog sich dabei auf ein Anfang des Monats verabschiedetes Gesetz. Laut diesem soll die Wahl wegen der Coronavirus-Pandemie als reine Briefwahl organisiert werden. Die Opposition und viele Experten sehen dies als Verstoss gegen die Verfassung.
Änderung am Wahlgesetz sei «verfassungswidrig»
Niemand garantiere, dass «die Stimmabgabe geheim ist», sagte Tusk weiter, weshalb «wir nicht an dieser Abstimmung teilnehmen sollten». Die Änderungen des Wahlgesetzes seien «verfassungswidrig, weil sie kurz vor der Abstimmung vorgenommen wurden», erläuterte er.
Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) beharrt auf der Abhaltung der Wahl am 10. Mai. Sie argumentiert damit, dass die Briefwahl die Sicherheit der Bürger gewährleistet und die Abstimmung eine verfassungsmässige Notwendigkeit ist.
Jedoch spricht sich nur einer von vier Pole für die Abhaltung der Wahl am geplanten Termin aus. Dies geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage hervor.
Präsident Andrzej Duda führt in Umfragen
Die meisten Experten sind der Ansicht, eine Abstimmung im Mai erhöhe die Chancen von Präsident Andrzej Duda. Der 47-Jährige führt in den Umfragen. Grund ist unter anderem, dass die Opposition wegen des Versammlungsverbots keinen Wahlkampf machen kann. Der Amtsinhaber hingegen ist regelmässig mit Ansprachen zum Kampf gegen das Coronavirus in den Medien präsent.
Eine Verschiebung hingegen könnte negative Auswirkungen auf seine Wiederwahl haben. Duda ist eng mit Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski verbunden. Tusk hingegen hat nach wie vor einen starken Einfluss auf die liberale Opposition in Polen. Deren Kandidatin Malgorzata Kidawa-Blonska verlor zuletzt laut Meinungsumfragen an Popularität.