Camille Lothe sieht in Zukunft mehr SVP-Frauen im Parlament

Elisa Jeanneret
Elisa Jeanneret

Zürich,

Gegen Frauenquoten und BH-Verbrennungen: Die Zürcher JSVP-Präsidentin Camille Lothe im Interview zum 50-jährigen Jubiläum des Frauenstimmrechts.

Camille Lothe
Camille Lothe ist Präsidentin der JSVP Kanton Zürich. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweiz feiert am 7. Februar 50 Jahre Frauenstimm- und -wahlrecht.
  • Für jüngere Politikerinnen und Politiker spielt das Geschlecht keine Rolle mehr.
  • Dies behauptet Camille Lothe, Präsidentin der Jungen SVP Zürich, im Interview.

Am 7. Februar 2021 feiert die Schweiz 50 Jahre Frauenstimmrecht. Seither dürfen Frauen abstimmen, wählen, sich wählen lassen, kurz: Sie gestalten die Schweiz politisch mit. Zum Jubiläum hat Nau.ch Frauen interviewt, die genau das machen.

Nau.ch: Frau Lothe, sind Sie Feministin?

Camille Lothe: (lacht) Nein, ich würde mich selber jetzt nicht als Feministin bezeichnen. Aber sicher setze ich mich als Frau für gewisse Themen in der Politik ein. Jedoch zu BH verbrennenden Feministinnen möchte ich nicht gehören.

Nau.ch: Die SVP ist bekanntlich die Partei, welche prozentual am wenigsten Frauen in der Bundesversammlung stellt. Woran liegt das?

Camille Lothe: Ja, bei der SVP hat es weniger Frauen… Woran das liegen mag, ist schwierig zu sagen. Aber ich bin überzeugt: Die Frauen, die in der SVP aktiv sind, von denen kann man zu hundert Prozent sagen, die leben für Politik. Die setzen sich ein und haben ihren Platz in der SVP zu Recht verdient.

Camille Lothe
Die 27-Jährige Camille Lothe hat Politikwissenschaften studiert und ist studentische Mitarbeiterin in einer Forschungsgruppe der Universität Zürich. - Keystone

Nau.ch: Die JSVP hat viele Frauen in Präsidialämtern, Sie sind eine davon. Ist Ihre Jungpartei weiblicher und progressiver?

Camille Lothe: Ich habe schon das Gefühl, dass man da gewisse Unterschiede sieht. Wir haben in der JSVP mehr Frauen, eben zum Beispiel in den Präsidien, oder in den einzelnen Ämtern. Ich glaube, das ist auch darauf zurückzuführen, dass sich die Vereinbarkeit von Politik und Familie in den letzten Jahren verbessert hat. Und dass bessere Möglichkeiten bestehen, als Frau Politik zu machen.

Nau.ch: Könnte es aber sein, dass die jungen SVPlerinnen später wieder aus der Politik aussteigen?

Camille Lothe: Das kann ich so nicht sagen. Ich habe eher das Gefühl, in Zukunft werden mehr SVP-Frauen im Nationalrat und allgemein in den Ämtern sitzen. Weil wir eben genau an der Basis, bei den Jungen, eine Bewegung sehen. Dass die Frauen aktiver werden und sich das in den nächsten Jahren sicher noch verstärken wird.

SVP Fraktion Frauen
Mitglieder der SVP-Fraktion im Nationalrat, mit SP-Nationalrätin Barbara Gysi (SG) rechts hinten, stehend. Die SVP-Fraktion im Nationalrat besteht zu rund 24,5 Prozent aus Frauen. Im Ständerat und Bundesrat gibt es keine SVP-Frauen. - Keystone

Nau.ch: Haben Sie mit Ihrer Mutter oder Bekannten jemals über den 7. Februar 1971 gesprochen?

Camille Lothe: Eigentlich habe ich diese Diskussion nicht wirklich gehabt. Ich habe es nur medial mitverfolgt, auch mit verschiedenen Medienauftritten. Für mich als junge Frau ist das kein Thema mehr gewesen, weil ich das Gefühl habe, das ist normal, dass Frauen in der Politik sind.

Man merkt gar nicht, dass das erst seit Kurzem so ist. Ich glaube, gerade in den Jungparteien spielt es keine Rolle mehr, ob Frau oder Mann. Man führt dort einen sehr breiten Diskurs, darum ist das nicht mehr so relevant.

Nau.ch: Welche Bedeutung hat für Sie das Stimm- und Wahlrecht?

Camille Lothe: Für meine Generation ist es halt eben normal, dass wir mitmachen dürfen. Ich glaube auch, dass dieses Recht genutzt wird. Ich persönlich bin endlos froh und schätze sie natürlich, diese unglaubliche Möglichkeit, mich an einer direkten Demokratie beteiligen zu dürfen. Oder auch für Ämter kandidieren zu können. Das ist enorm wichtig. Es gehört zu einer Demokratie, dass Frauen sich beteiligen dürfen.

Frauenstimmrecht
Der «Marsch auf Bern» in 1969. Das Frauenstimmrecht wurde 1971 bundesweit angenommen – fast. Der Kanton Appenzell Innerrhoden führte es 19 Jahre später nach einer Klage am Bundesgericht ein. - Keystone

Aber, eben: Das Bewusstsein ist einfach nicht mehr so da, weil es doch für meine Generation irgendwie weit weg ist. Weil wir es nicht selber erlebt haben. Aber eigentlich ist es eben doch gar nicht so weit weg, wenn man es aus der geschichtlichen Perspektive anschaut.

Nau.ch: Politisieren Frauen anders als Männer?

Camille Lothe: Es gibt sicher Themen, wo Frauen einen anderen Bezug haben. Ich sehe es jetzt gerade bei der Diskussion um das Verhüllungsverbot, wo es auch um die Burka und die Frage von Frauenrechten geht. Dort sieht man schon eine andere Art des Politisierens, man kann Themen aus einer anderen Perspektive ansprechen.

Verhüllungsverbot Initiative
Das Abstimmungsplakat mit der Aufschrift «Extremismus stoppen! Verhüllungsverbot JA» wird auf einem Bildschirm angezeigt, während einer Medienkonferenz zur Lancierung des Abstimmungskampfs f - Keystone

Aber das sieht man überall: Es gibt auch Themen, die uns Junge – vor allem, wenn es um Digitalisierung geht – wo wir ein anderes Gefühl dafür haben, als viele Parlamentarier (lacht).

Nau.ch: Sehen Sie die politische Repräsentation der Frau in der Schweiz aktuell als ein wichtiges Thema?

Camille Lothe: Was man sagen muss, ist, dass das Parlament noch nie so weiblich war wie seit den letzten Wahlen. Ich finde es einfach gefährlich, wenn man Politik auf das Geschlecht oder auf Merkmale reduziert. Dann vergisst man etwas. Weil, im Endeffekt geht es ja in der Politik um die Inhalte, die eine Person präsentiert.

Klar, es ist wichtig, dass unterschiedliche Meinungen im Parlament vertreten sind, das ist so. Aber das zu forcieren oder zu sagen, «wir brauchen 50 Prozent Frauen», das ist ein falscher Ansatz. Man sollte nicht Frauen auf ihr Geschlecht reduzieren wollen.

Nau.ch: Manche sehen in der Schweiz erst eine «echte» Demokratie, wenn auch Ausländerinnen oder 16-Jährige wählen und abstimmen dürfen. Wie stehen Sie dazu?

Camille Lothe: Das hat man ja schon bei den Frauen gesagt, dass es keine Demokratie ist, wenn 50 Prozent der Stimmbevölkerung nicht mitbestimmen dürfen. Wenn es um die Frage des Stimm- und Wahlrechts für Ausländer oder 16-Jährige geht, ist das für mich eine andere Sache.

Wir haben eine Politik, die darauf basiert, dass man die Schweizer Nationalität hat. Dass man sich darum im eigenen Land beteiligen darf. Das ist für mich nicht mit Schweizerinnen, die das nicht durften, zu vergleichen.

Stimmrechtsalter 16 Glarus
Sie dürfen mit 16 abstimmen: Junge Glarnerinnen jubeln nach dem Entscheid der Landsgemeinde in Glarus im Jahr 2007, das Stimmrechtsalter auf 16 Jahre zu senken. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/WALTER BIERI

Beim Stimmrechtsalter 16 ist einfach die Frage, wie weit will man die Demokratie ausweiten? Wollen wir schon früher die Beteiligung haben? Das kann nützlich sein. Aber teilweise ist es schon auch der Fall, dass sich die Jungen leider auch dann nicht für Politik interessieren würden.

Ebenfalls denke ich, dass mit Rechten auch Pflichten verbunden sind. Mit dem Stimmrechtsalter 16 verteilen wir Rechte und verlangen dafür keine Pflichten.

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