Ferrari: Um die Scuderia steht es noch schlimmer als befürchtet
Charles Leclerc holt für Ferrari beim Formel-1-Auftakt mit Platz zwei die Kohlen aus dem Feuer. Über die Misere in Maranello kann das aber nicht hinwegtäuschen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ferrari erlebt beim Grand Prix von Österreich ein absolutes Debakel.
- Nur durch Glück rettet Charles Leclerc die Ehre der Scuderia mit Platz zwei.
- Der SF1000 erweist sich jedoch als absolute Fehlkonstruktion.
Sebastian Vettel ist eigentlich oft ein genügsamer Fahrer, sieht selbst an schwachen Renntagen das Positive. Ein bisschen Zynismus kann er sich nach dem verpatzten Saisonauftakt der Formel 1 aber nicht verkneifen.
Im Qualifying war nach dem zweiten Segment Schluss, von Startplatz elf reichte es immerhin zu Rang zehn.
«Ehrlich gesagt bin ich froh, dass ich mich nur einmal gedreht habe», berichtet der vierfache Weltmeister. «Es war wirklich schwierig, ich habe das Heck heute ein paar Mal verloren.» Im Zweikampf mit McLaren-Pilot Carlos Sainz – ausgerechnet seinem Ferrari-Nachfolger – drehte sich der Deutsche dann.
Der Ferrari ist nahezu unfahrbar
Der zweite Platz von Charles Leclerc – ein Resultat des chaotischen Rennens – ist ein schwacher Trost. Denn in Maranello weiss man schon seit den Wintertestfahrten, dass der SF1000 eine Fehlkonstruktion ist.
Wie weit man aber wirklich von der Spitze entfernt ist, wurde erst in Österreich erkenntlich. Und es sieht schlecht aus.
Wie schlecht, das zeigt eine Onboard-Aufnahme von Sebastian Vettel aus Runde neun des Österreich-GP. Auf fast frischen Reifen hat Vettel schon ausgangs Kurve eins zu kämpfen.
Auffällig auch das Verhalten des Autos zwischen Kurve vier und sechs, wo Vettel mehrfach korrigieren muss. Kein Wunder, dass der Deutsche sein Auto als unfahrbar bezeichnet.
Auf den Geraden des sehr kurzen Red-Bull-Rings verliert die Scuderia fast sieben Zehntelsekunden pro Runde. Das gibt den Spekulationen rund um den mutmasslich illegalen Vorjahresmotor neue Nahrung.
Man erinnere sich: Vettel und Leclerc waren 2019 bei den Top-Speed-Messungen meist ganz vorne.
Radikale Änderungen? Nicht in diesem Jahr
Eine Erklärung: Auf dem Red-Bull-Ring mit seinem schnellen Mittel- und Schlusssektor fuhr Ferrari wohl mit viel Abtrieb.
Damit konnte man in diesen Bereichen zumindest ein wenig Rundenzeit gutmachen – verlor aber auf den Geraden umso mehr. Mit anderen Worten: Der SF1000 schwächelt bei Leistung und Downforce gleichermassen.
Laut Teamchef Mattia Binotto arbeitet man in Maranello fieberhaft an einem Upgrade-Paket. Das sollte spätestens in Ungarn einsatzbereit sein, womöglich zieht man einzelne Teile vor.
Hauptproblem der Roten Göttin soll ihre Nase sein, die wohl in Ungarn fundamental anders aussehen könnte. Für den Grand Prix der Steiermark am Wochenende ist aber noch nicht mit drastischen Änderungen zu rechnen.
Die Fehlkonstruktion SF1000 kommt für Ferrari zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt. Denn dramatische Verbesserungen sind nicht nur dieses, sondern auch nächstes Jahr unmöglich.
Wegen der Corona-Krise wird die Entwicklung weitgehend eingefroren, will heissen: Ferrari muss an seinem Sorgenkind festhalten. Und das nicht nur 2020, sondern auch noch 2021.