Vettel-Rückfall in alte Zeiten: Gefangen im Mittelfeld
Sebastian Vettel erlebt in der Formel 1 einen Rückschlag und wird nur Zwölfter. Bis zum nächsten Rennen in Österreich bleibt kaum Zeit. Abseits der Strecke wird der viermalige Weltmeister angefeindet.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach einem Wochenende zum Vergessen hatte Sebastian Vettel wenig Hoffnung auf schnelle Besserung.
«In den wenigen Tagen bis zum nächsten Rennen kann man nicht viel verändern», sagte der viermalige Formel-1-Weltmeister nach seinem zwölften Platz beim Grossen Preis der Steiermark. Für den Aston-Martin-Fahrer war es in Österreich ein bitterer Rückfall in überwunden geglaubte Zeiten. Das Problem: Am kommenden Wochenende geht es an gleicher Stelle auf dem Red-Bull-Ring in Spielberg schon wieder um WM-Punkte.
«Wir sind voll fokussiert, stärker zurückzukommen», sagte Vettel. Der schlechte 14. Startplatz machte es unmöglich, dass er sich aus dem Mittelfeld befreien konnte. Nach zuvor drei Fahrten in die Top Ten, gekrönt von Rang zwei in Baku, ging der 33-jährige Hesse erstmals wieder leer aus. Es scheint, als müsse er sich auch in den kommenden Wochen mit Platzierungen in dieser Region zufriedengeben, denn auf den klassischen Rennstrecken macht sein Auto keine Fortschritte.
Hoffen auf zweites Spielberg-Rennen
Bei seinem Coup in Aserbaidschan und Platz fünf in Monaco profitierte der Heppenheimer auch von den engen Strassenkursen, auf denen es etwas mehr auf fahrerisches Können und weniger nur auf das Auto ankommt. «Ich hoffe, dass wir den Samstag besser hinbekommen, dann könnte der Sonntag auch ein bisschen besser aussehen», sagte der WM-Zehnte (30 Punkte) und nahm sich zunächst bessere Leistungen im Qualifying vor.
Das sieht auch Sky-Experte Timo Glock als entscheidend an. «Seine Aufgabe muss sein, sich im Qualifying unter die ersten Zehn zu stellen, und dann kann er mehr erreichen», sagte der ehemalige Formel-1-Fahrer. Der Auftritt in Spielberg sei «ein kleiner Rückschritt» gewesen, sagte Glock über Vettel, der in den vergangenen Tagen in den sozialen Netzwerken offen angefeindet wurde.
Grünen-Bekenntnis sorgt für Diskussion
Grund dafür war sein Bekenntnis in einem «Spiegel»-Interview, bei der Bundestagswahl die Grünen zu wählen. Vettel wurde Scheinheiligkeit vorgeworfen, weil er seit Jahren in der Schweiz lebt und als Formel-1-Fahrer alles andere als umweltfreundlich unterwegs ist. Dass Vettel seine Wahl aber durchdacht begründete und erklärte, warum er ein Tempolimit auf Autobahnen für sinnvoll oder einen Wandel in der Gesellschaft für nötig hält, interessierte dabei nur die wenigsten.
«Als ich vor Jahren angefangen habe, auf Nachhaltigkeit zu achten, musste ich mir natürlich die Frage stellen, ob ich nicht ein Heuchler bin», sagte Vettel dem «Spiegel»: «Einerseits belaste ich durch meine Arbeit die Umwelt, andererseits propagiere ich Dinge, um die Umwelt zu schützen. Also habe ich zunächst meine Gewohnheiten geändert, etwa die Vielfliegerei, und dann habe ich darüber geredet.»
Mit dem Rennrad zur Strecke
In Spielberg kam er mit dem Rennrad und nicht dem Auto zur Strecke, machte während des Corona-Lockdowns ein Praktikum auf einem Bio-Bauernhof, setzt auf seinem eigenen Bauernhof auf eine Photovoltaik-Anlage und Wasser aus der Leitung als Trinkwasser. Von der Empörungswelle im Internet dürfte Vettel derweil kaum etwas mitbekommen haben. Er hat als einer von ganz wenigen Sportstars weder Twitter noch Instagram und macht sich nichts aus diesen Medien.
Lob bekam Vettel hingegen von Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. «Er ist jemand, der auf Nachhaltigkeit schaut, der so lebt und - abgesehen von der Charakteristik seines sportlichen Lebens - diese Einstellung hat», sagte der Österreicher in einer Medienrunde. «Sebastian trägt sein Herz auf der Zunge. Er sagt, was er denkt, ohne gross auf die Reaktionen zu achten. Sondern er findet das einfach richtig. Im Grunde genommen ist diese Individualität wichtig.»