Standing Ovations für Martin Schläpfer in Wien

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Österreich,

Nach fünf Jahren Buhrufen erntete der scheidende Ballettchef Martin Schläpfer bei der Uraufführung von «Pathétique» stürmische Standing Ovations.

Martin Schläpfer
Martin Schläpfer erhielt bei der Uraufführung von «Pathétique» stürmische Standing Ovations. (Archivbild) - keystone

An der Wiener Staatsoper musste der gebürtige Appenzeller Martin Schläpfer in den vergangenen fünf Jahren viele Buhrufe über sich ergehen lassen. Aber beim Premierenpublikum seiner vorerst letzten Uraufführung am Mittwochabend stiess der scheidende Ballettchef auf viel Gegenliebe und stürmische Standing Ovations. Auf dem Programm stand das Ballett «Pathétique».

Der fantasievolle, eigenwillige Schläpfer und das eher klassische, konservative Ballettpublikum der Wiener Staatsoper hat immer eine gewisse Hassliebe miteinander verbunden. Für zu modern befand ihn die Kritik. Zu viele abstrakte Eigenkreationen. Mehr Handlungsballette wollte man sehen.

Zum Abschied stellte der Choreograf aus dem Appenzellerland seiner eigenen Uraufführung zwei Ikonen der New Yorker Fünfzigerjahre voran. Schläpfer hatte ab der Spielzeit 2020/21 die Leitung des Wiener Staatsballetts als Direktor und Chefchoreograf übernommen. Im kommenden Sommer wird er diese Position verlassen.

Der zweite Teil des Ballettabends war dem grossen Schläpfer'schen Finale gewidmet: klagend-traurige Posaunen. Die Orchestermusik schwillt an mit der Tragik von Tschaikowskis «Symphonie Nr. 6.», die den Tänzer und Choreografen zu seinem Ballett «Pathétique» inspiriert hat. Weil es Tschaikowskis letzte Sinfonie war, soll es Theorien zufolge ein selbst verfasstes Requiem sein. Das Thema Sterben lässt sich auf jeden Fall kaum leugnen.

Eine Inszenierung voller Emotionen und dramatischer Bewegungen

Die Inszenierung von Schläpfer, die an diesem Abend vermutlich alle Erwartungen sprengte, hat etwas Pathetisches: abwechselnd weiche und harte Körper vor einem blaugrauen Hintergrund mit langen Schatten. Die Körper fallen und schweben, sie klammern sich aneinander fest, dann trennen sie sich wieder und beugen sich wie Seufzer nach vorne.

Die Ballerinen tragen nur einen Hauch von Seide, die halbstarken Männer tanzen in Leder und Disco-Tops. Ein Solist stirbt einen tragischen Tod. Das hat etwas von der feurigen Dynamik und dem kriegerischen Staccato von «West Side Story»; auch die Musik hat eine starke Hollywoodfilmqualität.

Wenn die letzten Töne Tschaikowskis verklungen sind, ist das Ballett noch nicht zu Ende. Ein Tänzer streckt dem Totgeglaubten die Hand entgegen. Der erwacht wieder zum Leben. Zu der Arie für Sopran, Violine und Cembalo «Süsse Stille» von Georg Friedrich Händel versammelt sich nach und nach das gesamte Ensemble.

Dass sich Martin Schläpfer ausgerechnet Tschaikowskis Schwanengesang als Inspiration für seine letzte Uraufführung für das Wiener Staatsballett ausgewählt hat, könnte man auch bedeutungsschwanger interpretieren, doch der Künstler hat das im Vorfeld immer wieder verneint. Er selbst hat es als ein «Kommen und Gehen» bezeichnet.

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