Kraftsport geht auch vegan
Der stärkste Mann Deutschlands und eine Powerlifterin, die als isländische Wikingerin bekannt ist, ernähren sich beide vegan. Doch wie funktioniert das?
Das Wichtigste in Kürze
- Kraftsportler zeigen, dass man auch ohne tierische Proteine Muskeln aufbauen kann.
- Die Kraftpakete berichten von einer kürzeren Regenerationszeit und besseren Leistung.
Die vegane Powerlifterin Hulda B. Waage beweist, dass man kein Fleisch braucht, um eine erfolgreiche Athletin zu sein. Die Isländerin, auch bekannt als die vegane Wikingerin, hält vier nationale Rekorde in ihrer Disziplin.
Auch Patrik Baboumian, der seine Stärke gerne mit derjenigen eines Ochsen vergleicht, ernährt sich rein vegan. Der Kraftsportler wurde 2011 zum stärksten Mann Deutschlands gekürt und hat seit da zahlreiche Kraftsport-Weltrekorde aufgestellt.
Beide Sportler widerlegen das Klischee, dass man Unmengen an Poulet, Steak und Eiern verdrücken muss, um Muskeln aufzubauen. Doch wie machen sie das?
180 Gramm Eiweiss täglich
Die isländische Powerlifterin Hulda B. Waage, die von sich behauptet, lieber zu verhungern als etwas zu essen, das nicht vegan ist, ist ein Kraftpaket. Derzeit hält sie vier nationale Rekorde in ihrer Sportart. 2019 war sie nationale Meisterin im Powerlifting und Bankdrücken.
Sie ist eine passionierte Veganerin, und dies zeigt sie auf ihrem Instagram-Account. Damit will sie beweisen, dass erfolgreiche Athleten kein Fleisch für Proteine brauchen.
Die 34-Jährige nimmt täglich rund 180 Gramm pflanzliches Eiweiss zu sich, und dies bei einem Körpergewicht von 83 Kilogramm. Als Vergleich: Die empfohlene Menge an Eiweiss pro Tag liegt für eine erwachsene Frau bei mindestens 0,8 Gramm pro Kilo. Bei einer Frau, die 83 Kilogramm wiegt, wären das normalerweise 66,4 Gramm pro Tag.
Damit sie genügend Proteine zu sich nimmt, achtet sie auf eine abwechslungsreiche pflanzliche Nahrung. «Ich esse Smoothies mit Erdnussbutter, alle Arten von Superfoods, Tofu, Kichererbsen, Curries, Miso, Nori-Algen und Karotten.»
Bessere Regeneration durch pflanzliche Ernährung
Waage erklärt, dass sich ihre Leistung seit der Ernährungsumstellung verbessert habe. Sie habe zudem mehr Energie und ihre Erholungszeit sei kürzer.
Das isländische Kraftpaket bildet da keine Ausnahme. Viele Athleten, die sich vegan ernähren, sagen dasselbe, zum Beispiel Lewis Hamilton, Novak Djokovic und Venus Williams.
Der stärkste Mann Deutschlands ist vegan
Bereits seit neun Jahren ernährt sich der deutsche Kraftsportler mit armenischen Wurzeln Patrik Baboumian pflanzlich. Im Jahr seiner Ernährungsumstellung gewann er sogar den Titel «Stärkster Mann Deutschlands». Er kann rund 560 Kilogramm tragen und hat damit beim sogenannten «Joch-Lauf» einen Weltrekord aufgestellt.
Um seine Muskeln ausreichend zu versorgen, isst er achtmal am Tag und nimmt rund 6000 Kalorien zu sich. Diese Menge erreicht er natürlich nicht nur durch Gemüse und Salat. Baboumian behauptet von sich sogar, obwohl er vegan sei, kein ausgesprochener Gemüsefan zu sein.
Auf seinem Speiseplan stehen kalorienreiche Nahrungsmittel. Dazu zählen Nüsse, Hülsenfrüchte, Getreide, viel Tofu, Teigwaren, Reis und Smoothies.
Baboumian ist zwar eine mächtige Erscheinung, tritt in der Öffentlichkeit aber mit grossem Herz für Tiere auf. Er habe sich beim Gedanken ertappt, dass er die Tiere auf seinem Teller nicht mit seinen eigenen Händen töten könnte. «Ich hatte das Gefühl, dass ich mir selbst etwas vormachte, wenn ich Fleisch ass. Also dachte ich, ich sollte ehrlich zu mir selbst sein und aufhören, Fleisch zu essen.»
Der Sportler ist vom veganen Lebensstil so überzeugt, dass er sogar ein Buch dazu geschrieben hat. In «Vegan ganz anders: Eine Anleitung zum gross und stark werden» stellt er das Bild des typischen Veganers auf den Kopf. Darin erklärt er, dass die vegane Ernährung kein Verzicht darstellt, sondern vielmehr ein neues Lebensgefühl bedeutet.
*****
«Nau Vegan»
Im Rahmen dieser Serie schreibt die Expertin Mirjam Walser regelmässig Beiträge zum Thema Veganismus.