Technik: Polizei verhaftet Entwickler vor laufender Kamera

Neuer Fall von Swatting: Ein deutscher Open-Source-Entwickler wird während eines Livestreams von der Polizei verhaftet. Grund ist eine manipulierte E-Mail.

Die Polizei stürmt die Wohnung eines Software-Entwicklers und verhaftet ihn fälschlicherweise während eines Livestreams. - Depositphotos

Das Wichtigste in Kürze

  • Entwickler von Open-Source-Software wird live von der Polizei verhaftet.
  • Die Polizei fährt nach einer Fake-E-Mail mit einem Grossaufgebot auf.
  • Vermeintlicher Täter ist selbst Opfer und die Kamera filmt es.

René Rebe, ein bekannter Entwickler von Open-Source-Software, wird während eines Livestreams seiner Linux-Entwicklungssession fälschlicherweise von der Polizei in seinem Büro festgenommen. Diese fährt gar mit einem Grossaufgebot auf.

Was ist passiert?

René Rebe ist ein hoch angesehener Open-Source-Entwickler und langjähriger Mitwirkender am Linux-Projekt. Während eines live gestreamten T2-Linux-Entwicklungstutorials klingelt es plötzlich an seiner Bürotür: Die Polizei will ihn verhaften.

Rebe legt mitten im Stream sein Mikrofon ab und verschwindet aus dem Blickfeld der Kamera. Danach durchsuchen Polizeibeamte die Büroräume und befragen Rebe an seiner Haustür.

Software-Entwickler vor laufender Kamera fälschlicherweise verhaftet

Anschliessend wird Rebe von den Beamten in Handschellen abgeführt und für eine Stunde zur Befragung mitgenommen. Dies berichtete Rebe später auf seinem YouTube-Kanal – der Stream lief ohne seine Anwesenheit weiter.

Ein Fall von Swatting

Die Berliner Polizei wurde durch eine betrügerische E-Mail auf Rebe aufmerksam. Darin drohte er Gewalt gegen seine Familienmitglieder und sich selbst an – doch die E-Mail ist ein Fake.

Diese Manipulation wurde als Teil einer «Swatting»-Kampagne gedeutet. Swatting ist eine neue Betrugsmasche, benannt nach der amerikanischen SWAT-Polizeieinheit.

Dabei werden gefälschte Notrufe oder Nachrichten ausgeschickt, um den Eindruck zu erwecken, dass das Opfer sich selbst oder andere töten will, um die Rettungskräfte zu ihrem Haus zu locken.

Rebe kritisiert Polizei

Nach dem Vorfall äusserte Rebe Kritik an dem, was er als unverhältnismässige Polizeiaktion ansah. In einem Interview mit dem Online-Medium heise Security sagte er, dass anstatt die gesamte Strasse mit Notfahrzeugen abzusperren, hätte die Polizei zuerst anrufen oder mit einer Streife vorbeischauen können.

Entwickler Rebe hätte sich einen professionelleren Umgang der Polizei gewünscht. - René Rebe

Er äusserte auch Besorgnis darüber, dass die Polizei die Echtheit der drohenden E-Mail, die angeblich von ihm stammte, nicht ausreichend überprüft hatte.

Folgen des Vorfalls

Trotz der schockierenden Umstände des Vorfalls befinden sich Rebe und seine Familienmitglieder in Sicherheit. Die Berliner Polizei bestätigte den Vorfall gegenüber heise, weigerte sich jedoch, Einzelheiten zu erläutern und verwies auf Datenschutz und Ermittlungstaktiken.

Swatting: Eine aufsteigende Straftat in Deutschland

In Deutschland wird Swatting, wie auch in den USA, bestraft, auch wenn es dafür keine spezielle Straftatbezeichnung gibt. Werden Notrufe missbraucht und Unfallverhütungs- oder Rettungsmassnahmen behindert oder eine Straftat vorgetäuscht, so kann dies gemäss Paragraf 145 des Strafgesetzbuchs (StGB) mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft werden.

Besondere Gefahren von Swatting

Frühere Swatting-Angriffe wurden oft gegen Online-Spieler oder Streamer aus der Gaming-Szene gerichtet. Dass nun ein Softwareentwickler betroffen ist, ist neu.

Swatting ist in Deutschland strafbar. - Depositphotos

Die gefälschten Meldungen implizieren oft ein besonders gefährliches Szenario, damit ein Grossaufgebot an Rettungskräften auffährt. Im Fall von Rebe sicherten mehrere Polizisten mit schusssicheren Westen und gezogenen Dienstwaffen das Bürogebäude.

Die Suche nach den Tätern

Die Ermittlungen zur Aufklärung des Falls laufen weiter und es bleibt abzuwarten, ob der oder die Täter gefunden werden.

Es wird jedoch die Hoffnung geäussert, dass die Ermittlungen in diesem Fall ebenso erfolgreich sein werden wie in der Vergangenheit. Im vergangenen Jahr wurden 58 Prozent der rund 14'000 Fälle von Notrufmissbrauch aufgeklärt.