Brexit: Druck auf Boris Johnson wächst deutlich
Im Streit um den Brexit wächst der Druck auf Premierminister Boris Johnson. Widerstand kommt nicht nur aus der EU, sondern auch aus dem eigenen Parlament.
Das Wichtigste in Kürze
- Der britische Premierminister gerät bei den Brexit-Verhandlungen zunehmend unter Druck.
- Boris Johnson sieht sich nun auch Widerstand aus dem eigenen Parlament gegenüber.
Im Streit um den Brexit wächst der Druck auf den britischen Premierminister. Boris Johnson will mit einem Gesetz das längst gültige EU-Austrittsabkommen wieder aufbohren.
Johnson will mit dem sogenannten Binnenmarktgesetz entscheidende Vertragsklauseln zu Nordirland aushebeln, die von Anfang an umstritten waren. Sie sollen verhindern, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Staat Irland eine feste Grenze entsteht.
Johnsons Vorgänger Blair (Labor) und Major (Konservative) nannten dies «unverantwortlich, grundsätzlich falsch und in der Praxis gefährlich». Das Gesetz werde den irischen Friedensprozess und die Handelsgespräche mit der EU schädigen. Blair und Major sind seit jeher Gegner der Scheidung Grossbritanniens von der Europäischen Union.
Widerstand aus dem Parlament
Auch im Parlament regt sich erheblicher Widerstand gegen das Gesetz zum Brexit. Medienberichten zufolge lehnen es etwa 30 konservative Abgeordnete ab. Johnson verfügt allerdings über eine Mehrheit von 80 Stimmen im Unterhaus. Auch aus dem Oberhaus gab es bereits scharfe Kritik.
Mit einem eindringlichen Appell versuchte Johnson, die Kritiker von seinem Kurs in Sachen Brexit zu überzeugen. Er griff dabei die EU scharf an. «Lasst uns die EU dazu bringen, ihre Drohungen vom Tisch zu nehmen. Lasst uns dieses Gesetz durchbringen, unsere Verhandler unterstützen und unser Land schützen», schrieb er im «Telegraph» (Samstag).
Die EU versuche, einen Teil des Vereinigten Königreichs vom Rest abzutrennen und die wirtschaftliche und territoriale Einheit zu zerstören. Das habe man niemals ernsthaft angenommen, als man den Brexit-Vertrag «in gutem Glauben» mit der EU verhandelt habe, schrieb Johnson.
EU-Unterhändler Michael Barnier konterte am Sonntag auf Twitter. Die Vereinbarungen zu Nordirland seien «keine Bedrohung der Integrität des Vereinigten Königreichs. Wir haben diesen delikaten Kompromiss mit Johnson und seiner Regierung ausgehandelt, um Frieden und Stabilität auf der Insel zu wahren.»
In einem zweiten Tweet meinte Barnier: «Bei den Fakten zu bleiben, ist essenziell.»
Unterhaus debattiert am Montag über den Brexit
Über das Binnenmarktgesetz wird das Unterhaus ab diesen Montag debattieren. «Das machen wir nicht leichtfertig», sagte Justizminister Robert Buckland dem Nachrichtensender Sky New. Die Regierung sei verantwortungsvoll. «Ich kann unsere Entschlossenheit nur wiederholen, einen Deal zu bekommen.»
Für die EU handelt es sich ganz klar um einen Rechtsbruch. Brüssel forderte London daher auf, bis spätestens Ende September einzulenken.
Kritiker befürchten, dass das geplante Gesetz der Todesstoss für den Handelsvertrag sein könnte. Dieser soll die wirtschaftlichen Beziehungen ab 2021 neu regeln. Nach dem Ende der Brexit-Übergangsphase droht ohne Vertrag ein harter Bruch mit Zöllen und hohen Handelshürden.