Warum wir in Coronavirus-Krise Toilettenpapier hamstern
In der Corona-Krise wird Klopapier wie verrückt gehortet. Wie lässt sich der Hype ums «weisse Gold» erklären? Psychologen und Wissenschaftler schätzen ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Überall auf der Welt wird WC-Papier gehortet. Dies hängt mit Kontrollverlusten zusammen.
- Hamsterkäufe lösen laut Wirtschaftsprofessorin Anja Achtziger einen Nachahmereffekt aus.
- Andere Länder horten andere Sachen. In Italien ist es Wein, in der Schweiz Schokolade.
Leere Regale treiben Kunden Schweissperlen auf die Stirn. Im Netz kursieren Videos über Rangeleien an Supermarktkassen und auch in der Schweiz gehören leere Regale zum Alltag. Der Krieg ums Klopapier ist in vollem Gange. Der Hype um Klopapier scheint diese Tage fast so ansteckend zu sein wie das Coronavirus selbst.
Kontrollverlust führt zu drastischem Handeln
Die Menschen fühlen sich in der Corona-Krise machtlos, stehen einem unsichtbaren Feind gegenüber. «Wenn wir uns in einer Situation ohnmächtig fühlen, dann suchen sich viele ein Gebiet, um Kontrolle auszuüben um das Gefühl zu bekommen, ihr Leben im Griff zu haben», erklärt der Darmstädter Psychotherapeut Michael Huppertz.
Klopapier stehe für Kontrolle. Mit Zwangshandlungen wie dem Hamstern soll die Angst bewältigt werden. Dabei fallen Gedanken über Mitmenschen und Solidarität oftmals in den Hinterkopf.
Hamsterkäufer lösen Nachahmereffekt aus
Es ist ein Dilemma, denn eigentlich will ja niemand hamstern. Aber ohne Klopapier will erst recht keiner dastehen. «Andere fangen an, viel Toilettenpapier zu kaufen - also mache ich es auch», erklärt Wirtschaftspsychologin Achtziger.
«Dazu kommt verstärkend, dass im gewohnten Umfeld darüber geredet wird, ob man und wenn ja wie viel Toilettenpapier gehortet hat.» Die Aussenseiter werden nervös - und besorgen sich selbst ein paar Rollen zur Beruhigung. Durch diesen Teufelskreis wird der Mangel zur selbsterfüllenden Prophezeiung.
Hamstereinkäufe unterscheiden sich kulturell
Michaela Wingefeld berichtet aus Fabrikanten-Sicht von einer gestiegenen Nachfrage nach Klopapier auch in anderen Ländern. Als in China das Coronavirus ausgebrochen ist, habe man in Deutschland bereits die Bestände in den Lagern hochgefahren. «Wir denken, dass das Hamsterphänomen sich schneller verbreitet als das Coronavirus.»
Klopapier wird aber, wie zum Beispiel im arabischen Raum, längst nicht überall gehortet. Dort zieht man Wasser vor. Hamsterkäufe unterscheiden sich nach Land, denn in der Schweiz wird neben Toilettenpapier auch viel Schokolade und Blumenerde gehamstert, in Italien sind häufig die Weinregale leer. Die Niederländer hamstern wiederum massenweise Cannabis.