Firmen haben wenig Angst vor Konzernverantwortungsinitiative
Die Konzernverantwortungsinitiative sorgt für heisse Diskussionen. Anders als viele Wirtschaftsvertreter bleiben Schweizer Unternehmen offenbar gelassen.
Das Wichtigste in Kürze
- Gemäss Deloitte fürchten die meisten Schweizer Unternehmen die Konzern-Initiative nicht.
- Nur 12 Prozent glauben, dass die Initiative zu höheren Kosten führen würde.
Die Konzernverantwortungsinitiative sorgt für hitzige Diskussionen. Gestritten wird über Details, aber auch über Grundsätzliches. Etwa die Frage, wie viele Unternehmen tatsächlich betroffen sind.
SuccèSuisse – ein Verein, dem mehrere bürgerliche Gegner der Initiative angehören – hat dazu eine Studie in Auftrag gegeben. Demnach sollen 80'000 Firmen von der Initiative betroffen sein. Anders sehen es die Initianten. Sie argumentieren, dass KMU von der Initiative grundsätzlich ausgeschlossen seien.
Grundsätzlich scheint die Angst der Wirtschaft vor der Initiative weniger gross zu sein, als aktuell im Abstimmungskampf suggeriert wird. Denn gemäss einer Umfrage des Wirtschaftsprüfers Deloitte stehen Unternehmen der Konzernverantwortungsinitiative relativ gelassen gegenüber.
61 Prozent glauben, nicht betroffen zu sein
Die meisten der 112 befragten Finanzchefs gaben an, dass sie nicht oder nicht negativ betroffen seien (61 Prozent). Die anderen rechnen mit negativen Auswirkungen.
Ein Drittel der Befragten erwartet bei einer Annahme grössere regulatorische Risiken. Und Viertel gibt an, dass Geschäftstätigkeiten im Ausland stärker überwacht werden müssten.
Doch es gibt auch positive Stimmen. 15 Prozent der Befragten glauben, dass bei einer Annahme der Initiative der Markenwert oder das Ansehen des Unternehmens steigen würde.
«Die Konzernverantwortungsinitiative löst in den Chefetagen der Schweizer Unternehmen keine Panik aus. Die negativen Auswirkungen übersteigen allerdings gemäss den Finanzchefs die positiven bei weitem», sagt Reto Savoia, Chef von Deloitte Schweiz. Doch: «Gelassenheit gegenüber der Initiative ist keine schlechte Einstellung, solange ein Unternehmen die Hausaufgaben gemacht hat.»
Keine Jobs in Gefahr
Gegner der Initiative warnen auch vor zusätzlichen Kosten. Auch das sehen die befragten Finanzchefs wenig dramatisch. Nur 12 Prozent rechnen im Fall einer Annahme mit negativen Auswirkungen auf die Finanzen, 7 Prozent schätzen die Effekte gar positiv ein.
Gemäss der Umfrage von Deloitte dürfte die Initiative kaum Einfluss auf Produktionsstandorte oder Arbeitsplätze in der Schweiz haben. Positive und negative Auswirkungen halten sich die Waage, resümiert der Wirtschaftsprüfer.
«Unsere Umfrage zeigt, dass viele Unternehmen die Anliegen der Initianten als berechtigt wahrnehmen und ein Teil von ihnen bereits Massnahmen umgesetzt hat», so Savoia.
Kritik von Economiesuisse
Economiesuisse-Sprecher Michael Wiesner hält fest, dass die Umfrage nicht repräsentativ sei. Auch stellt er infrage, ob CFO die geeinigten Personen seien, «wenn es um internationale Lieferketten, juristische Risiken oder Menschenrechts- und Umweltbelange geht.»
Wiesner warnt vor einem Bürokratiemonster und davor, dass Unternehmen ihre Lieferketten oder interne Kontrollen bei einer Annahme der Initiative anpassen müssten. «In der Praxis wird dies zu einer Verkürzung von Lieferketten und damit zu einem bedauerlichen Rückgang an Investitionen in Entwicklungsländern führen.»
Der Economiesuisse-Sprecher geht davon aus, dass einige Finanzchefs taktisch geantwortet haben, um gegenüber der Initiative Gelassenheit zu demonstrieren. «Das von den Initianten aufgebaute erpresserische Narrativ, wonach jeder, der sich gegen die Initiative ausspricht, ein Übeltäter ist, zeigt hier bereits seine Wirkung.»