Jungfreisinnige wollen die Kirchensteuer abschaffen
Die Landeskirchen haben eine klare Position zur Konzern-Initiative: Sie soll angenommen werden. Das ist für die Jungfreisinnigen inakzeptabel.
Das Wichtigste in Kürze
- Mehrere kirchliche Organisationen sprachen sich für ein Ja zur Konzern-Initiative aus.
- Gegner kritisieren aber, dass die Landeskirchen politisch neutral bleiben müssen.
- Deswegen fordern die Jungfreisinnigen die Abschaffung der Kirchensteuer.
Die Konzern-Initiative provoziert eine höchst emotionale Debatte. Nicht nur das bürgerliche Lager ist bei der Initiative, über die Ende November abgestimmt wird, gespalten. Auch die religiöse Gemeinschaft streitet über die Frage, ob Schweizer Unternehmen im Ausland nach schweizerischem Recht haften sollen.
Nach Angaben des Komitees «Kirche für Konzernverantwortung» unterstützen über 600 Gemeinden in der Schweiz das Anliegen. Pfarrpersonen, Mönche und Theologinnen sprechen sich öffentlich für ein Ja aus. Sie hängen Fahnen an ihren Kirchen auf, predigen über die Initiative und verteilen Flyer.
Einsatz der Kirchen «inakzeptabel»
Das stösst natürlich auf Kritik. Gegnerinnen und Gegner fordern mehr politische Neutralität von den Landeskirchen. Vor allem die Jungfreisinnigen wollen eine politisch neutrale Kirche, solange sie von Steuergeldern finanziert wird.
Mal abgesehen davon, dass die #Kirche von unseren #Steuergeldern finanziert wird & sich nun politisch positioniert: wie steht es mit #Gleichstellung Mann & Frau in der Kirche? Welche Institution vergeht sich jedes Jahr an jungen Buben & Mädchen?#Doppelmoral#KOVINein@LeereNein pic.twitter.com/3RoImeiQ2P
— Luis Deplazes (@LuisDeplazes) October 10, 2020
«Die Kirchensteuer gehört natürlich abgeschafft», sagt der Jungfreisinn-Präsident Matthias Müller zu Nau.ch. «Es ist inakzeptabel, dass die Landeskirchen sich für die Konzernverantwortungsinitiative einsetzen.»
Die römisch-katholische und evangelisch-reformierte Kirche seien «öffentlich-rechtliche Körperschaften». Somit hätten die Landeskirchen kein staatliches Befugnis, politisch aktiv zu sein, sprich sich auf einer Pro- oder Kontra-Seite zu schlagen. Es sei denn, es liege eine «besondere» oder «qualifizierte» Betroffenheit vor.
Initiative zur Abschaffung niedergeschmettert
Das wäre der Fall, wenn eine Abstimmung die Kirche direkt beträfe. Also beispielsweise, wenn über die Abschaffung der Kirchensteuer abgestimmt würde.
Eine ähnliche Abstimmung erlebte der Kanton Zürich schon 2014. Die Volksinitiative der Jungfreisinnigen wollte die Kirchensteuer für juristische Personen, also Unternehmen, abschaffen. Juristische Personen können nicht, wie eine natürliche Person, aus der Kirche austreten. Das Stimmvolk lehnte die Initiative aber mit über 70 Prozent ab.
Der Zahlzwang für Unternehmen sei «sachfremd und ungerecht», so Matthias Müller im Gespräch. «Unternehmen können ja nicht glauben.» In 18 von 26 Kantonen müssen juristische Personen weiterhin die Steuer bezahlen.
Austreten mit «Gewissensbissen» oder bezahlen
Auch das Vorgehen für natürliche Personen bemängelt Müller: «Natürlich kann man austreten. Aber das ist nicht ohne Gewissensbisse.» Viel besser fände der noch-katholische Jungfreisinnige eine ganzheitliche Abschaffung der Steuer. «Diejenigen, die die Kirche trotzdem finanziell unterstützen wollen, können dies dann machen.»
Das kirchliche Engagement für die #UVI ist inakzeptabel. Von politischer Zurückhaltung keine Spur. Überlege mir den Austritt. Im Übrigen: Kirchensteuer für jur. Personen gehört endlich im ganzen Land abgeschafft - sie ist eines säkularen Staates unwürdig. https://t.co/U1pTJmdAwW
— Matthias P. A Müller (@themattmueller_) October 12, 2020
Müller selber überlegt sich wegen des Engagement für die Konzern-Initiative nun den Austritt aus der Kirche. Dies teilte er auf Twitter mit.