Eltern schwer kranker Kinder haben Anrecht auf 14 Wochen Ferien
Per 1. Juli 2021 wurde ein neues Gesetz verabschiedet. Neu haben Eltern, die ein schwer krankes Kind pflegen, Anrecht auf 14 Wochen bezahlten Betreuungsurlaub.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Bundesamt für Sozialversicherungen BSV hat ein neues Gesetz verabschiedet.
- Per 1. Juli haben Eltern schwer kranker Kinder Anrecht auf 14 Wochen Betreuungsurlaub.
- Dieses soll die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenpflege verbessern.
Der 5-jährige Fin ist vom seltenen West-Syndrom betroffen, schwerstbehindert und rund um die Uhr auf Eins-zu-eins-Betreuung angewiesen.
Neben den immensen Sorgen um ihren Sohn sind Fins getrennt lebende Eltern auch im Alltag mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. «Fins aufwendige Betreuung und den Beruf unter einen Hut zu bringen, ist oft nicht einfach. Insbesondere bei längeren Spitalaufenthalten», sagt Fins Papa Simon.
Neues Gesetz entlastet Eltern schwer kranker Kinder
Bislang waren betroffene Eltern hier auf den Goodwill des Arbeitgebers angewiesen. Neu ist das nun gesetzlich geregelt.
So haben Eltern von gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindern das Anrecht auf einen bezahlten Betreuungsurlaub von 14 Wochen, der innerhalb einer Rahmenfrist von 18 Monaten bezogen werden kann.
«Für uns bedeutet das neue Gesetz Erleichterung und eine gewisse Sicherheit», meint Simon.
Der 14-wöchige Betreuungsurlaub soll die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenpflege verbessern und Eltern, die ein schwer beeinträchtigtes Kind pflegen, entlasten.
Pflege der Kinder ist sehr zeitintensiv
Die Pflege schwer kranker Kinder ist sehr anspruchsvoll. Sie nimmt oft den ganzen Tag in Anspruch und lässt den Eltern wenig Zeit für anderes.
So ist auch der Alltag der Familie Öcal aus Muttenz, Basel, von der Krankheit ihrer Tochter Sevin geprägt. Das 15-jährige Mädchen leidet an der unheilbaren Schmetterlingskrankheit.
Ihre Haut löst sich bei den geringsten Belastungen und es kommt zu schmerzhaften Verletzungen und Blasen. Auch die inneren Organe sind betroffen. In den schlimmsten Phasen kann das Mädchen nicht mehr selbstständig gehen.
Die Pflege ist sehr zeitintensiv. Jeden Tag müssen die Verbände gewechselt werden. Das beansprucht täglich mindestens vier Stunden.
Die Nachmittage von Sevin sind gefüllt mit Physiotherapie, Ergotherapie und anderen Pflegemassnahmen. Die Mutter ist Vollzeit für das Kind da.
Förderverein klärt über seltene Krankheiten auf
Beide Familien sind Teil des Netzwerks des gemeinnützigen Fördervereins für Kinder mit seltenen Krankheiten (KMSK). Der Verein wurde vom Bundesamt für Sozialversicherungen BSV als Partner hinzugezogen, um die Inhalte des neuen Bundesgesetzes verständlich aufzuzeigen.
Die Gründerin Manuela Stier begrüsst das neue Gesetz, weist aber auch auf Ungewissheiten hin.
«Das neue Gesetz stösst bei unseren KMSK Familien auf viel Zuspruch, allerdings auch auf gewisse Unsicherheiten. Nämlich jene, wie Arbeitgeber darauf reagieren werden bzw. ob sie in der Anstellung von betroffenen Eltern in Zukunft möglicherweise zurückhaltender sein werden.»
Der Förderverein KMSK setzt sich für die rund 350´000 betroffenen Kinder und Jugendlichen und deren Familien in der Schweiz ein.
Er gibt diesen ein Sprachrohr und ein Gesicht, trägt ihre Anliegen in die Öffentlichkeit, vernetzt die Familien untereinander und leistet dort finanzielle Hilfe, wo sie dringend benötigt wird.
Die Familie von Sevin hat beispielsweise ein Crowdfunding über die Plattform gestartet, um den Herzenswunsch der Tochter zu erfüllen. Das aufgeweckte Mädchen möchte in einem Buch ihr Leben mit der unheilbaren Schmetterlingskrankheit erzählen, um andere Betroffene zu ermutigen.