Uncool? So schützen Velohelme unsere Kinder
Eine Helmpflicht für Velo-Fahrer einschliesslich Kinder gibt es in der Schweiz nicht. Aus medizinischer Sicht ist die Schutzunfunktion gerade für sie wichtig.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Helm leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit von Kindern auf dem Velo.
- Studien zeigen, dass er den Schädel effektiv vor starken Kopfverletzungen schützen kann.
- Eltern sollten ein Vorbild sein und mit gutem Beispiel Helm-tragend vorangehen.
Wenn ein Kind das erste Mal auf ein Velo steigt, gehört besser ein Helm zur Ausrüstung dazu. Denn der leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit.
Thomas Beez, Neurochirurg, sieht viele Kinder mit schlimmen Kopfverletzungen. Kleinere Kinder, speziell im Grundschulalter, hätten zum Unfallzeitpunkt fast alle einen Helm auf.
Je älter die Schüler werden – laut Beez etwa ab dem Gymnasialalter – nimmt das Helmtragen deutlich ab. Beez schätzt, dass unter den Teenagern nur jeder Vierte tatsächlich auch einen Velo-Helm trägt.
Der Helm als Knautschzone
Thomas Beez hat auch zu Schädel-Hirn-Traumata bei Kindern geforscht. Aus medizinischer Sicht gibt es für den Kinderneurochirurgen keine Zweifel, dass der Helm vor Kopfverletzungen schützt:
«Der Helm ist so gearbeitet, dass er die Energie vom Schädel wegleitet», sagt Beez.
Häufig sieht er im Klinikalltag, dass der Helm nach einem Unfall durchgehend gebrochen ist. Ein klarer Hinweis, dass er seine Funktion erfüllt hat, «weil die Kraft des Aufpralls vom Helm absorbiert wird und nicht vom Schädel des Velo-Fahrers», erklärt er.
Kleinere Kinder geraten leichter in Gefahr
Dass bei Kindern der Helm besonders wichtig ist, hat laut Beez hauptsächlich drei Gründe:
1. Besonders kleinere Kinder sind auf dem Velo noch unsicherer und stürzen in der Regel leichter als Erwachsene.
2. Bei Kindern ist der Kopf in Proportion zum Körper grösser, prominenter und somit noch gefährdeter als ausgewachsenen Velo-Fahrern.
3. Kinder können sich bei Stürzen schlechter abfangen als Erwachsene.
Bei der Kaufentscheidung können auch Tests helfen. Demzufolge empfiehlt es sich beim Kauf eines Kinderfahrradhelms darauf zu achten, dass es eine Beleuchtung, aber vor allem auch Reflektoren gebe.
Auch eine genaue Passform ist wichtig – vor dem Kauf sollte ein Helm unbedingt anprobiert werden.
Gruppendruck bei Heranwachsenden
Laut Susann Richter spielt bei Jugendlichen vorwiegend die soziale Gruppe eine wichtige Rolle bei der Entscheidung fürs Helmtragen. Je nach Gruppe kann das Verhalten variieren.
«Während der oder die Jugendliche vielleicht im Rahmen der Freiwilligen-Feuerwehr-Gruppe selbstverständlich einen Helm aufsetzt beim Velo-Fahren, wird er beim Abhängen mit den Freunden nicht mitgenommen oder aufgesetzt», so die Professorin für Verkehrspsychologie.
Mit dem Fahrradhelm zum Beispiel in der Disco herumstehen – das könnte so einigen Jugendlichen vermutlich eher peinlich sein.
Damit der Helm trotzdem regelmässig getragen wird, sollte es laut Richter Möglichkeiten geben, den Helm am Velo sicher zwischenzulagern.
Vorbild sein und Helm tragen
Um die Akzeptanz des Helmes gerade bei Jugendlichen zu erhöhen, regt Susann Richter an: Das Helmtragen sollte normal sein.
«Also bei Werbung, Bildern, Plakaten oder Filmen müsse immer ein Helm getragen werden und vor allem Vorbilder, wie Sportler, Influencer oder Youtuber, sollten selbstverständlich einen Helm tragen», äussert sich die Verkehrswissenschaftlerin.
Neurochirurg Beez nimmt auch die Eltern in die Pflicht und sieht ihre Vorbildfunktion: «Wenn die Eltern keinen Helm tragen, fragen sich die Kinder natürlich, warum sie trotzdem einen Helm tragen müssen.» Und lassen es am Ende dann eben oft.
Für ihn ist aber nicht Bestrafung, sondern eine bessere und kindgerechte Aufklärung entscheidend: «Wie bestrafen wir ein Kind oder einen 14- oder 15-Jährigen, der keinen Helm trägt? Wie soll das in der Realität aussehen?»