Vegan im Alltag: Warum Wasser, Wein und Shampoo nicht tierfrei sind

Mirjam Walser
Mirjam Walser

Bern,

Ist kein Tier drin, ist das Lebensmittel vegan. Eigentlich einfach. Im Alltag als Veganer merkt man aber schnell: So klar ist es manchmal gar nicht.

Frau Wein vegan
Nicht alle Weine sind vegan. - Depositphotos

Das Wichtigste in Kürze

  • Besteht ein Produkt nur aus Pflanzen, wird angenommen, dass es vegan ist, z.B. Wein.
  • Bei der Herstellung pflanzlicher Produkte können tierische Bestandteile eingesetzt werden.
  • Kommen diese nicht mehr im Endprodukt vor, müssen sie nicht deklariert werden.
  • Hinter gewissen E-Nummern verstecken sich tierische Bestandteile.

Auf Wasserflaschen prangt das Label «vegan», ebenso auf manchen Broten oder Wein. Reine Marketingstrategie? Nicht ganz: Tatsächlich stecken in einigen Produkten tierische Inhaltsstoffe, die nicht als solche erkannt werden.

Da die tierischen Produkte manchmal auch nur Hilfsmittel sind und sich nicht im Endprodukt wiederfinden, müssen sie nicht deklariert werden. Da Veganer darauf achten, dass im Herstellungsprozess keine Tiere benutzt werden, sind diese Produkte streng genommen nicht vegan.

Gemüse Früchte vegan
Gemüse und Früchte sind zwar vegan, aber bei der Behandlung können tierische Bestandteile verwendet werden. - Depositphotos

Entsprechende Labels können bei der Auswahl der Produkte Orientierung bieten. Doch nicht für alles gibt es Zertifizierungen. Und es steckt in viel mehr Produkten Tier drin, als man denkt.

Wein oft nicht vegan

Wein besteht aus Trauben und ist daher vegan? Der Wein selbst besteht zwar nur aus pflanzlichen Zutaten. Doch um Weine von Trübstoffen zu befreien und sie zu filtrieren, kommen tierische Inhaltsstoffe zum Einsatz.

Gelatine aus Schlachtabfällen vom Schwein oder Rind, Fischblasen oder Hühnereiweiss können beim Klären helfen. Für diesen Prozess gibt es aber tierfreie Alternativen. Winzer können zum Beispiel Bentonit, eine Gesteinsmischung aus verschiedenen Tonmineralien, nutzen.

Wein vegan
Weine unterscheiden sich durch sooo viel mehr als nur ihre Farbe. - Depositphotos

Wie der Wein geklärt wurde, muss auf dem Etikett nicht ausgezeichnet werden. Vereinzelt finden sich aber Weine mit dem veganen Label.

Apfelschorle mit Gelatine

Das gleiche gilt für Apfelschorle und Apfelsaft. Die Getränke sind nur vegan, wenn zur Klärung des Apfelsafts keine Gelatine verwendet wurde. Die Gelatine besteht meistens aus Bestandteilen von Schweinen oder Rindern.

Bei der Filterung des naturtrüben Safts wird die Gelatine hinzugegeben und dann später wieder herausgefiltert. Dadurch werden die Trübstoffe im Apfelsaft herausgezogen.

Im klaren Apfelsaftprodukt ist deshalb keine Gelatine mehr nachweisbar und muss deshalb nicht deklariert werden.

Einige Hersteller verwenden eine mechanische Filterung, die sogenannte Ultrafiltration. Auch pflanzliche Mittel wie Erbensprotein können eingesetzt werden. Trägt ein Saft das Label «vegan», wurde es nicht mit tierischer Gelatine geklärt.

Apfelsaft vegan
Ob ein Apfelsaft vegan ist, verrät das Label oder eine Nachfrage beim Hersteller. - Depositphotos

Auch Äpfel, die mit einem Überzugsmittel wie Wachs behandelt worden sind, sind nicht immer vegan. Denn die Mittel können pflanzlicher, tierischer oder synthetischer Herkunft sein.

Brot und Gebäck können Schwein enthalten

Brot besteht aus Hefe, Wasser, Mehl und Salz – und ein paar Samen zur Dekoration. Leider Nein. Wer auf Nummer sicher gehen will, achtet beim Kauf von Brot im Supermarkt auf das vegane Label. Denn industriell arbeitende Grossbäckereien verwenden oft L-Cystein als Mehlbehandlungsmittel.

L-Cystein wird unter anderem aus Schweineborsten oder Federn gewonnen. Es macht den Teig locker und besser knetbar. Mittlerweile kann L-Cystein aber auch synthetisch mit Bakterien hergestellt werden. Es besteht jedoch eine Kennzeichnungslücke.

Zopf
Bei einem klassischen Zopf ist klar, dass er nicht vegan ist, denn er enthält Eier und Butter. - Depositphotos

Bei einigen Broten werden Milch oder Eier verwendet. Diese sind jedoch leicht auf der Liste der Inhaltsstoffe zu identifizieren.

Wasserflaschen nicht immer vegan

Manch einer hat im Supermarkt eine Flasche Wasser gekauft und sich gewundert, weshalb «vegan» draufsteht. Das führt selbst bei Veganern zu Verwirrung.

Das Wasser selbst ist in der Tat vegan. Allerdings können im Leim, der zur Befestigung des Etiketts auf der Flasche benutzt wird, tierische Inhaltsstoffe vorkommen.

Selbst Veganer machen hier Kompromisse: Leim

Leime werden oft auf tierischer Basis mit Glutin oder Kasein hergestellt. Glutin wird durch das Auskochen von Tieren gewonnen. Kasein ist ein Protein, das aus Milch gewonnen wird und somit nicht vegan ist.

Holzmöbel nicht vegan
Der bei Holzmöbeln benutzte Leim ist nicht immer vegan. - Depositphotos

Tierischer Leim kommt in vielen alltäglichen Gegenständen vor. Dazu zählen zum Beispiel Möbel, Schuhe, Instrumente oder die oben erwähnten Flaschenetiketten. Bei manchen Produkten ist es fast nicht möglich, den tierischen Leim zu vermeiden. Hier müssen Veganer Kompromisse eingehen.

Bei Gummibärchen gibt es viele Alternativen

Einfacher ist es bei Gummibärchen. Der Hauptbestandteil der Süssigkeiten ist Gelatine. Sie wird aus der Haut und Knochen von Tieren gewonnen, meist von Schweinen und Rindern.

Auch in Lakritze und Kaugummi kann tierische Gelatine vorkommen. Bei Schleckzeug gibt es aber mittlerweile viele Alternativen, die als vegan deklariert sind. Die vegane Gelatine besteht entweder aus Stärkekombinationen oder Pektin.

Tierisches und Tierversuche bei Zahnpasta und Pflegeprodukte

Wer vegan lebt, achtet bei Pflegeprodukten nicht nur auf die Inhaltsstoffe, sondern auch darauf, dass sie tierversuchsfrei sind.

Gesichtscrèmes und -masken können Kollagen enthalten, das aus dem Gewebe von Schweinen oder Rindern gewonnen wird. Vitamin A oder Keratin, beliebte Inhaltsstoffe in Shampoos, werden teilweise aus Tieren gewonnen. Selbst in der Zahnpasta kann Fett und Glycerin aus Tieren zum Einsatz kommen.

Pflegeprodukte
Bei Shampoos und Pflegeprodukten ist die Liste der Inhaltsstoffe oft kompliziert. Hier helfen Label wie «vegan», «tierversuchsfrei» oder «cruelty-free» - Depositphotos

Die Liste der Inhaltsstoffe ist bei Pflegeprodukten oft lang und kompliziert. Hier muss man sich auf das Label verlassen. Zudem gibt es spezielle Kennzeichnungen, die zeigen, dass für das Produkt keine Tierversuche durchgeführt werden. Oftmals ist ein Hase abgebildet oder das Wort «cruelty-free» aufgedruckt.

Zu 100% vegan fast nicht möglich

Es ist fast nicht möglich, komplett vegan zu leben. In der Realität nutzen viele Veganer aufgrund fehlender Alternativen Produkte mit tierischen Bestandteilen, wie zum Beispiel Möbel mit tierischem Leim.

Ausserdem gestaltet es sich manchmal schwierig, Informationen von den Herstellern zu einem Produkt zu erhalten. Es ist aufwendig herauszufinden, ob ein Apfel mit tierischen oder synthetischen Mitteln behandelt wurde.

Letztendlich liegt es an jedem Einzelnen, wie strikt der vegane Lebensstil umgesetzt wird. Ob es akzeptabel ist, eine Flasche Wasser mit einem nicht-veganen Etikett zu verwenden oder nicht, ist eine persönliche Entscheidung.

Kommentare

User #6657 (nicht angemeldet)

Ich schwöre ich werde all das Nicht-Normal-Müll-Zeugs kaufen wenns weniger kostet als das Normal-Müll-Zeugs. Vorher NICHT. Grenzwärtige Preispolitik... den Preis vom Billig nach oben anpassen weil ja das Nicht-Normal-Müll-Zeug teurer ist...

User #2486 (nicht angemeldet)

Meingott was haben wir für Luxusprobleme in der Schweiz? In manchen Ländern wären sie froh sie hätten Wasser in Flaschen und es wäre ihnen egal mit was für leim die Etiketten klebt oder ob das Essen ein hauch von tierische Produkten enthält! Irgendwann werden Veganer wieder Lebensmittel konsumieren müssen das herkömmlich hergestellt wird!

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