Dorfleben: Traditionelle Bräuche in Schweizer Dörfern
Das Dorfleben in der Schweiz kennt auch heute noch kuriose Bräuche, die seit Jahrhunderten gepflegt werden. Viele davon sind auf bestimmte Dörfer gerichtet.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Kulturamt der Schweiz pflegt eine Liste der Traditionen.
- Besonders viele Bräuche ranken sich um das Ende der Winterzeit.
Die Schweiz ist 2008 dem UNESCO-Übereinkommen zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes beigetreten. Seither wurde eine Webseite erstellt, auf der sämtliche regionalen und lokalen Traditionen der Schweiz gesammelt werden.
Pschuuri und Tschäggätta
Das Ende des kalten dunklen Winters wurde früher noch viel mehr herbeigesehnt als heute. Entsprechend viele Bräuche gibt es, mit denen der Winter ausgetrieben werden sollte. So ist der «Pschuurimittwucha» fester Bestandteil im Dorfleben von Splügen im Rheinwald.
Morgens ziehen kostümierte Kinder als «Pschuuribättler» von Haus zu Haus und bitten noch harmlos um Süssigkeiten. Nachmittags übernehmen dann die älteren Burschen als verkleidete «Pschuurirolli». Sie sind mit einer Schmiere aus Kohle und Fett bewaffnet, die sie Kindern und Frauen ins Gesicht schmieren. Bis abends müssen alle «pschuuret» (geschwärzt) sein.
Eine Belohnung gibt es für die Damen jedoch auch: Sie werden abends zum traditionellen Festessen mit Eiersalat und «Resimäda» (eine Mischung aus Eiern und Wein) eingeladen.
Nicht ganz so schmierig wird es im Walliser Lötschental. Wo sich die ledigen Männer mit Masken und Pelzen als «Tschäggätta» verkleiden. Diese reiben alle Personen, die sie fangen können, mit Schnee ein.
Dorfleben: Weitere Winterbräuche in der Schweiz
Masken spielen in vielen weiteren Bräuchen zur Winteraustreibung und zur Fasnacht eine Rolle. Wild ging es früher zum «Bärzelistag» (2. Januar) in Interlaken zu, wo die Geister aus den Bergen zur «Harderpotschete» auf die Flussgeister der Aare treffen.
Die «Potschen» selbst waren einst mit Luft gefüllte Schweinsblasen, mit denen die Buben die Mädchen jagten. Heute stehen die kunstvollen Masken im Vordergrund, die bei einem Umzug durch die Stadt präsentiert werden.
Ohne Masken und dafür mit vielen Glocken und Schellen wird beim «Chalandamarz» der Frühling begrüsst. Anfang März ziehen dann vor allem Kinder und Jugendliche in traditioneller Kleidung durch die Dörfer. In einigen Dörfern wird dazu der traditionelle Wettkampf im Peitschenknallen veranstaltet.
Lichterfeste für den Frühling
Eine andere Art, den Winter auszutreiben, sind Licht und Feuer. So wird in Scuol ein 20 Meter grosser Strohmann namens Hom Strom gebastelt und zeremoniell verbrannt. Dahinter steckt möglicherweise ein uraltes heidnisches Ritual, dem Sonnengott ein Opfer zu bringen.
Auch in Liestal kennt das Dorfleben ein solches Ritual. Hier werden am ersten Fastensonntag die «Chienbäse» angezündet, grosse Fackeln aus Föhrenholz. Die brennenden Fackeln werden dann bei einem Umzug durch die Altstadt getragen
In Untervaz bei Chur wird das traditionelle «Schiibaschlaha» im Dorfleben zelebriert. Bei dem die männliche Dorfjugend glühende Holzscheiben über eine Abschussrampe ins Tal wirft. Da dies erst nach Einbruch der Dunkelheit geschieht, ist der Anblick spektakulär.
Jede Scheibe ist für ein Mädchen im Dorf bestimmt, das ihren Galan nach dem Scheibenschiessen bewirtet.