Studie: Minijobber hart von Corona getroffen
Ökonomen preisen die Kurzarbeit als wirksames Instrument, um massenhafte Arbeitslosigkeit zu verhindern. Doch nicht alle Arbeitnehmer können in Krisen davon profitieren.
Das Wichtigste in Kürze
- Minijobber sind Experten zufolge besonders hart von der Corona-Krise betroffen, da sie keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben.
«Die Corona-Krise verstärkt die Probleme des Niedriglohnsektors - vor allem für Minijobberinnen und Minijobber. Ohne das Sicherheitsnetz des Kurzarbeitergeldes erleiden sie als erste Einkommenseinbussen oder verlieren ihre Arbeit», sagt der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger.
Kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld
So ging die Beschäftigungsquote bei Minijobbern, die aus diesen Jobs ihren Haupterwerb bestreiten, im März bereits um 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zurück, wie aus einer Studie hervorgeht, die DIW Econ, eine Tochter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), im Auftrag der Stiftung durchgeführt hat. Da Minijobber keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zahlen, entfällt ihr Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
Um kommende Krisen besser abfedern zu können, empfehlen die Studienautoren, die Schwelle für Minijobs von 450 auf 250 Euro zu senken. So müssten mehr Beschäftigte Sozialversicherungsbeiträge leisten, wären dadurch aber auch in Krisenzeiten besser abgesichert.
Seit den 1990er Jahren ist der Niedriglohnsektor in Deutschland der Auswertung zufolge um mehr als 60 Prozent gewachsen: Im Jahr 2018 verdienten mehr als ein Fünftel aller abhängig Beschäftigten (7,7 Millionen) weniger als 11,40 Euro brutto die Stunde. Mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von 8,40 Euro erhielt ein grosser Teil von ihnen sogar weniger als den gesetzlichen Mindestlohn. Die Auswertung schätzt die Zahl jener, die unrechtmässig weniger bekommen, als ihnen zusteht, auf 2,4 Millionen. Hier müssten verstärkte Kontrollen durchgeführt werden, appellieren die Autoren.
Niedriglöhne in systemrelevanten Bereichen
Es sind keineswegs nur die einfachen Arbeiten, die mit Niedriglöhnen vergütet werden: So waren 2018 mehr als die Hälfte der Niedriglohnbeschäftigten im Handel, in der Transport- und Lebensmittelindustrie sowie in den Bereichen Bildung, Gesundheits- und Sozialwesen tätig - Berufe, die spätestens seit Corona als «systemrelevant» eingestuft werden. Seit Mitte der 1990er Jahre ist die Zahl der Menschen mit mittleren oder höheren Qualifikationen im schlecht bezahlten Sektor um knapp eine Million gestiegen - die Gruppe machte 2018 rund 40 Prozent aus.
Der Weg aus dem Niedriglohnsektor in höhere Gehaltsklassen gelingt längst nicht jedem: Jeder zweite Beschäftigte im Niedriglohnsektor verharrte der Langzeitstudie zufolge auch vier Jahre später noch dort. Dabei schafften Männer, höher qualifizierte und jüngere Arbeitnehmer häufiger den Aufstieg als andere.