Google steigt ins Videospiele-Geschäft ein
Google will das Games-Geschäft in die Wolke bringen. Die Spiele sollen auf Servern im Netz statt auf Geräten der Nutzer laufen. Viele Fragen bleiben zur Ankündigung jedoch noch offen.
Das Wichtigste in Kürze
- Google will mit einem Streaming-Dienst für Videospiele noch stärker ins Games-Geschäft einsteigen.
Die Idee ist, dass die Spiele direkt auf Googles Servern im Netz laufen - und auf die Geräte der Nutzer über eine schnelle Internet-Verbindung übertragen werden.
Mit dem Angebot konkurriert Google mit Anbietern von Spielekonsolen und hochgerüsteten Gaming-PCs, aber auch mit bereits angekündigten Plattformen etwa von Microsoft und Electronic Arts. Die Plattform mit dem Namen Stadia soll im laufenden Jahr zunächst in den USA und einigen europäischen Ländern an den Start gehen.
Über Stadia will Google eine Auswahl von Spielen zunächst in hoher 4k-Auflösung zur Verfügung stellen. Entwicklern bietet das Unternehmen eine Reihe von Werkzeugen auf der Plattform an, über die künftig auch Spiele vertrieben werden sollen. Eine Konsole braucht es zum Spielen damit nicht mehr.
Eine ganz ähnliche Vision hatte erst kürzlich auch Xbox-Entwickler Microsoft vorgestellt. Unter dem Namen Game Stack will der Konzern Spiele-Entwicklern ebenfalls eine Plattform als komplettes Ökosystem bieten. Aber auch der Spiele-Publisher Electronic Arts arbeitet mit seinem Project Atlas an einer ähnlichen Lösung. Und Sony bietet bereits seit einiger Zeit Streaming für ältere Spiele auf seiner Playstation an.
Die Cloud sei die neue Plattformdynamik in der Games-Branche und werde die künftige Wettbewerbslandschaft prägen, schätzte Piers Harding-Rolls von dem Marktforschungsunternehmen IHS. Google sei dabei im wesentlichen gut positioniert, um eine grosse Zahl von Nutzern anzusprechen, etwa über seine Plattformen YouTube, Google Play oder Daydream VR. Die Plattform soll auf PCs über den Chrome-Webbrowser, auf Tablets und Smartphones mit Google-Betriebssystem Android sowie auf Fernsehern nutzbar sein.
«Google hat jedoch eine entscheidende Schwäche», kommentierte Hardings-Rolls. Das Unternehmen verfüge über keine eigenen und exklusiven Inhalte. Mit «Stadia Games and Entertainment» sei zwar das erste eigene Entwickler-Studio geplant, doch exklusive Spiele von Drittanbietern fehlten bislang, um sich im harten Wettbewerb zu behaupten.
Zur Steuerung der Games stellte Google am Dienstag auch einen Controller aus eigener Entwicklung vor. Das Gerät sieht aus wie bisherige Controller für Konsolen oder Spiele-PCs, hat aber zwei zusätzliche Knöpfe. Mit dem einen kann man den Sprachassistenten Google Assistant auslösen, der unter anderem Tipps zum Spielgeschehen geben soll. Mit dem anderem Knopf kann der Spielverlauf in Echtzeit auf Googles Videoplattform YouTube übertragen werden.
Der Markt für Spielekonsolen wird seit Jahren vor allem von Sony, Microsoft und Nintendo dominiert - auch neue technologische Entwicklungen haben dem stabilen Markt wenig anhaben können. Das könnte sich nun mit dem Weg in die Cloud ändern, meinte Harding-Rolls. Die Cloud könne sich als disruptive Kraft erweisen, die neuen Marktteilnehmern als Eintrittskarte dienen könne - nicht nur Cloud-Anbietern, sondern auch Telekom-Unternehmen oder Spieleentwicklern, die über Streamingplattformen ins Direktkundengeschäft einsteigen könnten.
Zum Geschäftsmodell äusserte sich Google nicht näher. Unklar blieb auch, wie gross die Spiele-Auswahl sein wird. Nur wenige Spiele wurden definitiv angekündigt, darunter der anstehende Ego-Shooter «Doom: Eternal». In einem Test liess Google in den vergangenen Monaten bereits «Assassin’s Creed: Odyssey» über die Cloud spielen.
Der Google-Einstieg ins Spielegeschäft ist auch ein Gewinn für den Chipkonzern AMD - er soll die Grafik-Hardware für die spezialisierten Server in der Google-Cloud liefern. Die AMD-Aktie schloss nach dieser Ankündigung den US-Handel mit einem Plus von fast zwölf Prozent ab. Die Aktien von Sony und Nintendo fielen dagegen in Japan am Mittwoch um jeweils mehr als drei Prozent.