Hongkong weist US-Sanktionen zurück – US-Minister besucht Taiwan
Ein Regierungssprecher Hongkongs bezeichnete die jüngsten US-Strafmassnahmen als «schamlos und abscheulich».
Das Wichtigste in Kürze
- Die USA haben Vermögenswerte von Carrie Lam und zehn weiteren Personen eingefroren.
- Die Regierung Hongkongs kritisiert diesen Schritt heftig.
Hongkong hat die US-Sanktionen gegen die Regierungschefin der chinesischen Sonderverwaltungsregion, Carrie Lam, heftig kritisiert. Ein Regierungssprecher bezeichnete die jüngsten Strafmassnahmen gegen Lam und zehn weitere Personen am Samstag als «schamlos und abscheulich». Er warf den Vereinigten Staaten «Heuchelei» vor. Die Regierung der 7,5-Millionen-Einwohner-Stadt, eine ehemalige britische Kronkolonie, werde alle Gegenmassnahmen der chinesischen Zentralregierung gegen die USA unterstützen.
Die Vereinigten Staaten hatten die jüngsten Sanktionen im Streit um die Einschränkung der Autonomie Hongkongs am Freitag verkündet. Die Namen Lams und zehn weiterer Personen finden sich nach Angaben des Finanzministeriums auf einer Liste wieder, mit der Vermögenswerte eingefroren wurden. US-Amerikaner dürfen mit ihnen keine Geschäfte mehr machen. Am Sonntag wurde US-Gesundheitsminister Alex Azar zu einem Besuch im diplomatisch isolierten Taiwan erwartet, was die Spannungen zwischen Washington und Peking weiter verschärfen könnte.
Hongkongs Regierungschefin Lam war zuletzt wegen der umstrittenen Verschiebung der Wahl in Hongkong um ein Jahr heftig kritisiert worden. «Die Regierung befürchtet, die Wahl zu verlieren, deshalb hat sie das Datum verlegt», sagte Nathan Law, einer der Anführer der Demokratiebewegung, dem Magazin «Der Spiegel». Zugleich forderte er ein entschiedeneres Vorgehen Deutschlands und Europas gegen die chinesische Führung.
Carrie Lam bestreitet politische Motive für Wahl-Verlegung
Law, der in London lebt, brachte eine internationale Anerkennung Taiwans ins Spiel sowie einen Boykott der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking. Zudem könnten Firmen geächtet werden, deren Produkte in China von Zwangsarbeitern der muslimischen Minderheit der Uiguren angefertigt werden. «Es gibt eine Menge Werkzeuge, und Deutschland als einer der grössten Handelspartner Chinas könnte in dieser Debatte eine entscheidende Rolle spielen.»
Lam hatte politische Motive für die Verlegung der Wahl bestritten. Sie begründet dies mit dem Risiko durch das Coronavirus nach dem jüngsten Anstieg an Neuinfektionen. Auch der Direktor des chinesischen Verbindungsbüros in der Sonderverwaltungszone, Luo Huining, der auf der Sanktionsliste steht, verurteilte die neuen Strafmassnahmen. Er selbst besitze überhaupt keine Guthaben in den USA, könne aber 100 Dollar überweisen, damit sie eingefroren werden könnten.
China hatte Ende Juni ein neues Sicherheitsgesetz für Hongkong verabschiedet und steht deshalb massiv in der Kritik. Seit der Rückgabe der britischen Kronkolonie 1997 an China wurde Hongkong autonom mit eigenen Freiheitsrechten regiert. Das Gesetz ist der bisher weitestgehende Eingriff in die Autonomie.
Besuch von US-Gesundheitsminister in Taiwan dürfte China verärgern
Gesundheitsminister Azar ist das ranghöchste Mitglied der US-Regierung, das seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen der USA mit China 1979 Taiwan besucht. Peking ist verärgert, da die kommunistische Führung die Insel als Teil der Volksrepublik ansieht. Nach ihrer «Ein-China-Doktrin» darf eigentlich kein Staat, der diplomatische Beziehungen zu Peking unterhält, offizielle Kontakte zu Taiwan pflegen.
Unterdessen tauchte im Gerangel um die Zukunft der chinesischen Video-App Tiktok ein weiterer Akteur auf der Bildfläche aufgetaucht. Nach einem Bericht des «Wall Street Journal» hat auch der Kurznachrichtendienst Twitter Interesse. Der chinesische Tiktok-Eigentümer Bytedance verhandelt gerade unter massivem Druck aus dem Weissen Haus mit Microsoft über eine Übernahme des Geschäfts in den USA und mehreren anderen Ländern. Das Zeitfenster ist begrenzt: US-Präsident Donald Trump verfügte am Donnerstag ein Verbot von Geschäften mit Bytedance, das Mitte September greifen soll.