US-Senat erklärt Amtsenthebungsverfahren gegen Trump für zulässig
Das Wichtigste in Kürze
- Das US-Senat hat entschieden, dass das Impeachment-Verfahren zulässig ist.
- Am Mittwoch beginnen die Anklagevertreter und Verteidiger mit ihren Argumenten.
- Es wird erwartet, dass sich das Verfahren bis ins Wochenende hineinzieht.
Ex-Präsident Donald Trump kann sich nach dem Auftakt des zweiten Amtsenthebungsverfahrens im US-Senat gute Hoffnungen auf einen Freispruch machen.
Nach einem dramatischen Video-Zusammenschnitt der Attacke von Trump-Anhängern auf das Kapitol, einem überzeugenden Vortrag der Anklage und einer schwachen Vorstellung der Verteidiger hielt die grosse Mehrheit der Republikaner im Senat weiter zum 45. Präsidenten.
Nur ein weiterer republikanischer Senator liess sich überzeugen. Er stimmte mit den Demokraten und fünf Republikanern dafür, das Verfahren auch gegen einen bereits aus dem Amt geschiedenen Präsidenten für verfassungsmässig zu erklären.
Verurteilung unwahrscheinlich
Nach diesem Votum geht das sogenannte Impeachment-Verfahren nun mit Argumenten in der Sache weiter. Allerdings ist für eine Verurteilung Trumps eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Die 50 Demokraten im Senat müssten damit die Unterstützung von 17 republikanischen Senatoren gewinnen. Doch nachdem es schon bei der Frage der Verfassungsmässigkeit nur sechs waren, gilt eine breitere Zustimmung als unwahrscheinlich.
Die Ankläger argumentierten am Dienstag, Trump müsse für sein Handeln als Präsident bis zum letzten Tag im Amt geradestehen - und damit auch für die gewaltsame Erstürmung des Kapitols durch seine Anhänger zwei Wochen vor seinem Abschied aus dem Weissen Haus.
Am Anfang zeigten sie ein 13 Minuten langes Video, in dem der Sturm auf das Kapitol und Trumps Aufrufe zum Kampf gegen angeblichen Wahlbetrug und seine Sympathiebekundungen für die Angreifer auf eine Zeitleiste gelegt wurden. Trumps Anwälte wiederum argumentierten, das Verfahren sei verfassungswidrig, weil Trump nicht mehr im Amt sei.
Trump-Anwalt konnte nicht überzeugen
Zunächst sprach für Trump der Anwalt Bruce Castor. Sein rund 45 Minuten langer Vortrag wurde von mehreren Demokraten als zusammenhangslos und wirr bezeichnet. Selbst republikanische Senatoren wie Kevin Cramer und John Cornyn, die gegen die Verfassungsmässigkeit des Verfahrens stimmten, räumten ein, die Präsentation der Ankläger sei besser gewesen.
Der Republikaner Bill Cassidy, der sich der demokratischen Mehrheit anschloss, nannte Castors Vortrag vor laufenden TV-Kameras «unorganisiert, chaotisch». Es sei über alles mögliche gegangen ausser der Frage, um die es ging.
Trump sei wütend gewesen, als er den Vortrag Castors im Fernsehen verfolgte, schrieb die «New York Times» unter Berufung auf namentlich nicht genannte Personen. Der Ex-Präsident habe «fast geschrien», berichtete auch der Sender CNN unter Verweis auf Trumps Umfeld.
Verfahren sei verfassungswidrig
Trumps zweiter Verteidiger, David Schoen, setzte danach zum Angriff an. Die Demokraten hätten das Verfahren nur eingeleitet, um Trump «von der politischen Bühne zu entfernen», klagte er.
Dies sei ein Missbrauch des Impeachment-Verfahrens für politische Zwecke. Den Demokraten gehe es - anders als sie es darstellten - auch nicht darum, das Land zu einen, im Gegenteil. «Dieser sogenannte Prozess wird das Land zerreissen», mahnte Schoen. Zudem betonte er, das Verfahren gegen die Privatperson Trump sei verfassungswidrig.
Der oberste Anklagevertreter der Demokraten aus dem Repräsentantenhaus, Jamie Raskin, hielt dagegen, ein Präsident müsse sich bis zum letzten Tag im Amt für seine Taten verantworten.
Alles andere wäre höchst gefährlich. Die Demokraten verwiesen ausserdem darauf, dass das Repräsentantenhaus die Eröffnung des Verfahrens bereits am 13. Januar beschlossen hatte - also eine Woche vor Trumps Ausscheiden aus dem Amt.
Die Demokraten werfen Trump «Anstiftung zum Aufruhr» vor und haben im Repräsentantenhaus - unterstützt von zehn republikanischen Abgeordneten - ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eingeleitet. Sie wollen mit dem Vorgehen gegen Trump auch erreichen, dass der Republikaner für künftige Ämter auf Bundesebene gesperrt wird. Damit würde ihm etwa eine Präsidentschaftskandidatur 2024 verwehrt.
Schuldspruch bedeutet Ämtersperre
Geführt und entschieden wird das Impeachment-Verfahren im Senat. Die Kongresskammer nimmt dabei die Rolle eines Gerichts ein. Ein Schuldspruch für Trump wäre die Voraussetzung für eine Ämtersperre.
Trump-Anhänger hatten am 6. Januar gewaltsam den Kongresssitz in Washington erstürmt. Bei den Krawallen kamen fünf Menschen ums Leben, darunter ein Polizist. Die Angreifer hatten mit der Attacke versucht, eine Sitzung zu stoppen, bei der der Kongress den Wahlsieg von Trumps Nachfolger Joe Biden zertifizieren sollte.
Trump hatte seine Anhänger kurz zuvor bei einer Kundgebung damit aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg gestohlen worden sei. Er sagte damals unter anderem: «Wenn Ihr nicht wie der Teufel kämpft, werdet Ihr kein Land mehr haben.»
Prozess dauert mehrere Tage
Ab Mittwoch haben Anklagevertreter und Verteidiger nun ausführlich Zeit, um jeweils 16 Stunden lang über zwei Tage verteilt ihre Argumente vorzubringen. Die Ankläger dürften auch in den kommenden Tagen alles daran setzen, die Erinnerungen an jenen Januartag wieder zu erwecken, an denen Senatoren sich selbst vor einem wütenden Mob in Sicherheit bringen mussten. Es wird erwartet, dass das Verfahren sich bis ins Wochenende oder bis in den Beginn der kommenden Woche zieht.
Trump geht als erster US-Präsident in die Geschichte ein, gegen den während seiner Amtszeit gleich zwei Amtsenthebungsverfahren im Repräsentantenhaus eingeleitet wurden. In dem ersten Verfahren musste er sich in der sogenannten Ukraine-Affäre wegen Machtmissbrauchs und der Behinderung von Kongressermittlungen verantworten. Im Februar 2020 wurde er am Ende jedoch von allen Vorwürfen freigesprochen - mit der damaligen Mehrheit seiner Republikaner im Senat.
Die Republikanische Partei tut sich nach wie vor schwer, mit Trump zu brechen. Er bekam bei der Wahl mehr als 74 Millionen Stimmen und ist immer noch bei vielen Wählern der Republikaner populär. Spekulationen, Trump könne eine eigene Partei gründen, setzen die Parteiführung zusätzlich unter Druck.