Fridays for Future: 220'000 Teilnehmer bei Klima-Protesten
Schneller Kohleausstieg, keine neuen Autobahnen, mehr Geld für Bus und Bahn: Mit diesen Forderungen geht die Klimaschutzbewegung erneut auf die Strasse. Aktivistin Neubauer nimmt vor allem eine Partei ins Visier.
Mehr als 220'000 Menschen haben heute nach Angaben der Bewegung Fridays for Future bundesweit für mehr Klimaschutz demonstriert. «Wir waren heute mit Verbänden, Kirchen und der Gewerkschaft Verdi in der gesamten Republik in mehr als 250 Orten auf den Strassen», sagte Sprecherin Annika Rittmann.
Allein in Berlin seien mehr als 18'000 Menschen unterwegs gewesen, in München gut 32'000 und in Hamburg mehr als 12.'00 Menschen. Die Beteiligung hat laut Rittmann gezeigt: «Wir schauen nicht einfach zu, wir lassen nicht locker, die Menschen wollen endlich echten Klimaschutz!»
Grosse Protestmärsche mit jeweils tausenden Teilnehmern gab es demnach auch in Köln und Frankfurt am Main. Geplant waren Aktionen an mehr als 250 Orten bundesweit. Auf Plakaten prangten Slogans wie «Klimaschutz statt Kohleschmutz», «Tempolimit Jetzt!» oder «Keine faulen Kompromisse».
Vielerorts war auch die Gewerkschaft Verdi mit dabei. Sie hatte zu Warnstreiks im Nahverkehr in mehreren Bundesländern aufgerufen – wo deswegen in vielen Regionen der ÖPNV lahmgelegt war. Insgesamt 60'000 Beschäftigte legten laut Verdi ihre Arbeit nieder.
Internationale Proteste
Auch international gab es Proteste der Klimaschutzbewegung. So gingen etwa viele Tausend Menschen in Neuseeland und in Österreich auf die Strasse. Angekündigt waren Hunderte Demonstrationen und Kundgebungen auf allen Kontinenten, dieses Mal unter dem Motto #tomorrowistoolate («Morgen ist es zu spät»).
In Hamburg forderte Annika Rittmann von Fridays for Future in einer Rede eine drastische Verkehrswende. «Die Zahl der Autos auf den deutschen Strassen muss runter», sagte sie. Und bei der Bahn müssten Taktung und Pünktlichkeit erhöht und die Fahrpreise gesenkt werden.
Neubauer kritisiert FDP scharf
Die Aktivistin Luisa Neubauer nahm auf der Kundgebung in Berlin insbesondere die Bundesregierung und die Kohle-, Öl- und Gas-Konzerne ins Visier. «Sie haben gedacht, sie kommen mit grünen Worten und grünen Reden durch – ob Parteien, Kanzler oder Konzerne. Sie dachten, uns fällt nicht auf, wenn unter der Hand weitergemacht wird, als hätten wir drei weitere Planeten auf der Autobahnbaustelle rumliegen.»
Besonders scharf kritisierte Neubauer die FDP. Es sei olympiareif, wie sich «diese unbeliebte Mini-Partei» erfolgreich weigere, «zu irgendeiner guten Idee einfach mal Ja zu sagen». Die FDP blockiere in der Bundesregierung nicht nur die Energiewende und die Bauwende, sondern nun auch das EU-weite Ende des Verbrennermotors.
Für Deutschland fordert Fridays for Future unter anderem einen Kohleausstieg bis 2030, 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung bis 2035 sowie das sofortige Ende der Subventionen für fossile Energieträger und einen Ausbaustopp für Autobahnen. Der aktuelle Streikaufruf beklagt, dass zurzeit in hohem Tempo Terminals zum Import von Flüssiggas hierzulande errichtet werden, während der Ausbau der erneuerbaren Energien immer noch stocke.
Forderung: Alle Öl- und Gasprojekte stoppen
Auf internationaler Ebene ist eine Kernforderung an die Politik, weltweit die Finanzierung aller Öl- und Gasprojekte zu stoppen, um die drohende Klimakatastrophe noch abzuwenden und das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. Gemeint ist das 2015 bei der UN-Klimakonferenz in Paris vereinbarte Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.
Schon jetzt hat sich die Erde um etwa 1,1 Grad aufgeheizt, in Deutschland sind es sogar 1,6 Grad. Die fatalen Folgen sind, je nach Region, häufigere und heftigere Stürme, Dürren, Überflutungen und Hitzewellen. Im internationalen Streikaufruf heisst es dazu, jeder Dollar, der in die Finanzierung fossiler Energieträger wie Öl, Gas und Kohle fliesse, sei «mit Blut befleckt».
Inspiriert wurden die Klima-Demos von der Schwedin Greta Thunberg, die sich im August 2018 als 15-Jährige erstmals zu einem «Schulstreik fürs Klima» vor das Parlament in Stockholm gesetzt hatte.