Hongkong: Darum sind die Demonstrationen so heftig
Hongkong kommt nicht zur Ruhe. Seit über zehn Wochen gehen Demonstranten auf die Strasse und kämpfen für ihre Freiheit. Die Lage spitzt sich zu.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Flughafen in Hongkong ist wieder in Betrieb genommen worden.
- Fünf Personen sind nach den Sitzblockaden im Flughafen verhaftet worden.
- Die Proteste gegen das Abschiebungsgesetz und die Regierung Lam dürften weitergehen.
Es ist der bisherige Höhepunkt einer sich immer mehr zuspitzenden, gefährlichen Konfrontation. Die chinafreundliche Hongkonger Regierung gegen Demonstranten, die für ihre Freiheit und für mehr Demokratie kämpfen.
Zwei Tage in Folge brachten hunderte Demonstranten mit Sitzstreiks im Flughafen von Hongkong den Flugverkehr zum Erliegen. Ausserdem hatten sie zwischenzeitlich zwei Personen vom chinesischen Festland festgehalten. Am Abend kam es zu gewaltsamen Zusammenstössen mit der Polizei. Dutzende Beamte drangen mit Schlagstöcken, Helmen und Schilden in das Flughafengebäude ein.
Insgesamt wurden fünf Demonstranten festgenommen. Die Männer würden wegen illegaler Versammlung, Besitz von Offensivwaffen, Übergriffen auf die Polizei und Sabotage vor Gericht gebracht.
Flugbetrieb in Hongkong wieder angelaufen
Heute Mittwoch ist der Flugbetrieb wieder angelaufen. Noch etwa 50 Demonstranten harrten gemäss einer Hongkonger Zeitung im Flughafen aus.
Nach den Sitzstreiks hatte der internationale Flughafen eine einstweilige Verfügung gegen die Demonstranten erwirkt. Damit sollen «Personen davon abgehalten werden, rechtswidrig und vorsätzlich die korrekte Nutzung des Flughafens zu behindern oder zu stören.»
Scharfe Worte aus China
Die Taten einiger Protestler würden sich «nicht von den Gräueltaten von Terroristen unterscheiden.» So hiess es am Mittwochmorgen aus dem Verbindungsbüro der chinesischen Regierung in Hongkong. Ein Sprecher der für Hongkong zuständigen Behörde in Peking nannte den Vorfall in einer ähnlichen Mitteilung eine «annähernd terroristische Tat».
China reagierte einerseits, indem es gemäss dem US-Aussenministerium zwei amerikanischen Kriegsschiffen einen Aufenthalt im Hafen von Hongkong verweigert hat. Andererseits hatte man bereits Anfang Woche zahlreiche Militärfahrzeuge medienwirksam an der Grenze zu Hongkong auffahren lassen. Dies wohl zur Abschreckung der Demonstranten.
Latente Gefahr der chinesischen Einvernahme
Zwar ist es als Abschreckung gedacht. Doch die Hongkong-Demonstranten werden sich dadurch in der zunehmenden chinesischen Einflussname und der latenten Gefahr der chinesischen Einvernahme bestätigt fühlen.
So wird auch das umstrittene Auslieferungsgesetz, das die jüngsten Proteste in der chinesischen Sonderverwaltungszone ausgelöst hatte, verstanden. Dieses sieht die Überstellung von Verdächtigen an das chinesische Festland vor. Zwar beteuerte die Regierung, keine China-Kritiker auszuliefern. Doch Kritiker befürchten, dass bei einer Verabschiedung des Gesetzes auch Dissidenten vor chinesische Gerichte gestellt werden könnten.
Regierungschefin Carrie Lam hat bisher nie deutlich gemacht, dass sie das Gesetz gänzlich zurückziehen werde. Die Demokratiebewegung verlangt nun den vollständigen Rückzug des Gesetzes. Sonst sei dies «der letzte Kampf» gewesen, wie Aktivist Joshua Wong erklärt.
Zudem werden freie Wahlen für den Regierungschef und das Parlament verlangt. Dies hätte Peking einst vertraglich zugesichert. Derzeit bestimmt ein Komitee aus 1200 Personen den Peking-konformen Regierungschef.
Und schliesslich sollen die Proteste nicht als «Aufruhr» bewertet werden. Denn so droht ihnen eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren. Anstelle der Polizei soll eine unabhängige Kommission die Zusammenstösse untersuchen.
Seit 1997 chinesische Sonderverwaltungszone
Die frühere britische Kronkolonie Hongkong wird seit der Rückgabe 1997 an China als eigenes Territorium autonom regiert. Anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik geniessen die Hongkonger das Recht auf freie Meinungsäusserung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit. Diese Rechte sehen viele Hongkonger nun in Gefahr.