Israel-Krieg: «Einige sind aus geflohen, aber wieder zurück»
Das Wichtigste in Kürze
- Israel hat Palästinenser im nördlichen Gazastreifen zur Evakuierung aufgefordert.
- Menschen berichten von einem humanitären Desaster – viele wissen nicht wohin.
- «Es ist schwierig, Essen und zu Trinken zu finden», sagt eine Mitarbeiterin des «Spiegel».
Israels Militär hatte am Freitagmorgen die Palästinenser im nördlichen Gazastreifen zur Evakuierung ihrer Häuser in Richtung Süden aufgefordert. Betroffen sind laut der UN über eine Million Menschen. Beobachter sind überzeugt, dass eine israelische Bodenoffensive im Israel-Krieg kurz bevorsteht.
Die grosse Frage: Was läuft seither in dem kleinen Küstenstreifen? Dem «Spiegel» gelang es am Samstag einige Menschen in Gaza zu erreichen. Diese schildern ein humanitäres Desaster.
Denken Sie, dass sich die Lage am Gazastreifen bald beruhigen wird?
Eine lokale Mitarbeiterin des Magazins schreibt von «vollen Strassen mit verzweifelten Leuten». Diese würden nicht wissen, wohin sie gehen sollten, so die Frau. Ihr Name wurde im Artikel zu ihrem eigenen Schutz nicht erwähnt.
«Es ist schwierig, Essen und zu Trinken zu finden.» Sie hat nach eigenen Angaben das Shifa-Spital in Gaza-Stadt besucht, das an seiner Kapazitätsgrenze arbeite. Vertriebene hätten sich dort auf dem Boden niedergelassen, auf der Suche nach einer sicheren Zuflucht.
Israel-Krieg: «Gaza ist ein Geisterort – viele sind in den Süden geflohen»
Die «Spiegel»-Mitarbeiterin erzählt weiter davon, dass sie Leute getroffen habe, die ihre Häuser evakuiert und den Süden fliehen wollten. «Sie sind dann aber wieder umgekehrt, weil es zu gefährlich war. Sie sagten, wenn wir sterben, dann wenigstens in unseren Häusern.»
Der Journalist Shams Odeh sagt, dass die Menschen in Gaza-Stadt «im Dunkeln und in Angst» leben würden. «Sie warten darauf, dass es endlich aufhört. Die Situation ist wahnsinnig. Die Menschen hoffen auf eine Waffenruhe.»
Gaza sei ein Geisterort, meint Odeh weiter – in Gaza-Stadt seien viele in den Süden geflohen. «Keine Menschen sind auf den Strassen, keine Autos, keine Lichter, nichts.» Der Journalist weist auch darauf hin, dass am Sonntag Benzin aus Ägypten ankommen sollte. Ansonsten hätten die Krankenhäuser keinen Strom mehr.
Israel-Krieg: «Gazastreifen wird in ein echtes Grab verwandelt»
Wie dramatisch die Situation sein muss, zeigt auch der dringende Hilferuf vom Omar Shaban. Der Analyst vom unabhängigen Thinktank Palthink in Gaza beschreibt eine «seit 1967 beispiellose humanitäre Katastrophe» im Gazastreifen.
Es seien 2300 Tote gezählt worden, doch Hunderte lägen noch unter den Trümmern begraben. Die Krankenhäuser hätten in einer einzigen Woche etwa 8000 Verletzte aufgenommen. Das seien etwa gleich viele wie während der 51 Tage Krieg im Jahr 2014. Medizinische Teams seien nicht mehr arbeitsfähig,
Shaban, der regelmässig als Autor für Stiftungen und internationale Medien tätig ist, äusserte sich auch zu Israels Evakuierungsaufruf. Er erwähnt, dass es unmöglich sei, dass zwei Mio. Menschen auf weniger als einem Drittel der Fläche des Gazastreifens leben würden.
Wer nicht bei den Bombardierungen sterbe, werde verhungern und verdursten, so Shaban. Er forderte in einer Erklärung an Journalisten einen sofortigen 48-stündigen humanitären Waffenstillstand im Israel-Krieg.