Israel-Krieg: Weitet sich der Nahostkonflikt jetzt aus?
Raketen aus dem Libanon und Treffen mit dem Iran – die Hamas agiert offenbar nicht allein. Weitet sich der Israel-Krieg bald aus? Experten ordnen ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Die radikalislamische Hamas startete am Samstag einen Angriff auf Israel.
- Doch auch der Iran und die libanesische Hisbollah haben ihre Finger im Spiel.
- Experten zufolge ist die Situation im Nahen Osten derzeit «unberechenbar».
Am Samstag hat Israel Krieg ausgerufen. Die Hamas feuerte über 2000 Raketen auf das Land ab. Hunderte Menschen wurden dabei getötet, viele weitere verletzt. Die militanten Palästinenser sprachen von einer «Militäroperation».
Doch die radikalislamische Organisation agiert wohl nicht allein. Berichten zufolge sollen nämlich auch der Iran und die libanesische Hisbollah ihre Finger im Spiel haben. Droht sich der Konflikt im Nahen Osten auszuweiten?
Experte Hans-Lukas Kieser sagt zu Nau.ch: «Es ist davon auszugehen, dass Iran – der Sponsor der Hamas und Hisbollah – der Drahtzieher des Überraschungsangriffs ist.» Die Attacke aus Gaza sei raffiniert koordiniert gewesen.
«Situation ist explosiv»
Bei den von der Hisbollah abgefeuerten Raketen über Nordisrael dürfte es sich jedoch um einen symbolischen Akt gehandelt haben. Eine Art «Solidarisierung mit der Hamas». «Es bedeutete nicht den Eintritt in einen gemeinsamen Krieg», so Kieser weiter.
Weder der Iran noch die Hisbollah hätten aktuell Interesse an einer Ausweitung. Aber: «Die Situation ist explosiv und unberechenbar.»
Risiko für Ausweitung von Israel-Krieg «beträchtlich»
Ähnlich sieht das auch Nahost-Experte Andreas Böhm. In den vergangenen Monaten fanden immer wieder Treffen zwischen dem Iran, Hamas, Hisbollah und weiteren Milizen in Beirut statt.
«Im Frühjahr liessen der libanesischen Hisbollah nahestehende Kreise verlauten, die Achse des Widerstandes – so die Selbstbezeichnung der mit dem Iran verbundenen Milizen in der Region – agiere nun aus einer gemeinsamen Kommandozentrale heraus. Dahinter steckte bereits die Drohung eines Mehrfrontenkrieges.»
Es gebe daher im Wesentlichen zwei Szenarien, wie sich der Israel-Krieg weiter entwickeln könnte: «Wenn ein Einmarsch in Gaza eine grössere Eskalation bewirkt, könnte die Hisbollah eine zweite Front eröffnen. Oder Israel tötet Führer der Hamas, die sich im Libanon aufhalten. Für diesen Fall hat die Hisbollah einen Gegenschlag angekündigt.»
Das Fazit des Experten: «In beiden Szenarien ist das Risiko beträchtlich.»
*Hans-Lukas Kieser, Historiker, Universitäten Zürich und Newcastle (Australien), Autor von «Nahostfriede ohne Demokratie» (Chronos 2023)