Konflikt im Sudan: Gruppe Wagner liefert Raketen an Paramilitärs
Russland beliefert laut einer «CNN»-Recherche eine Konfliktpartei im Sudan. Putin setzt dabei auf seinen Mann fürs Grobe: Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin.
Das Wichtigste in Kürze
- Laut «CNN» beliefert die Gruppe Wagner eine Partei im Sudan-Konflikt mit Raketen.
- Den Recherchen zufolge laufen Lieferungen an die paramilitärische RSF über Libyen.
- Im Sudan kommt es seit etwa einer Woche zu blutigen Kämpfen zwischen Armee und RSF.
Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hat alle Hände voll zu tun. Nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Afrika. Fast täglich äussert sich der Putin-Vertraute zur Lage auf dem Kontinent – besonders mit Blick auf den Machtkampf im Sudan.
Dort hat sich der Konflikt zwischen den Rapid Support Forces (RSF) und der sudanesischen Armee zu blutigen Kämpfen hochgeschaukelt. Prigoschin beteuert jedoch, in dem Konflikt keine Rolle zu spielen, keine Waffen zu liefern.
Russland beliefert Paramilitärs mit Raketen
Nach Recherchen von «CNN» und «All Eyes on Wagner» sieht das anders aus. Angeblich beliefert Wagner die RSF über Libyen mit Boden-Luft-Raketen. Satellitenbilder und Flight-Tracker-Daten zeigen vermehrte Aktivitäten eines russischen Transportflugzeugs auf zwei Stützpunkten in Libyen. Diese fallen ins Gebiet des libyschen Generals Chalifa Haftar und werden nach den Recherchen von Wagner genutzt.
Das Flugzeug, eine Iljuschin-76, flog am 13. April vom Haftar-Stützpunkt Khadim ins syrische Latakia, wo Russland einen eigenen Luftwaffenstützpunkt betreibt. Am nächsten Tag flog es zurück nach Khadim, einen Tag später zum Haftar-Stützpunkt Jufra. An diesem Tag brachen die Kämpfe im Sudan aus.
Vergangenen Dienstag flog es erneut Latakia an, bevor es erst nach Khadim und im Anschluss nach Jufra zurückkehrte. Am selben Tag warf Russland Quellen der «CNN» Boden-Luft-Raketen über Stellungen der RSF ab.
Haftar selbst bestreitet, die RSF zu unterstützen. Flugzeugaktivitäten und Berichte von Quellen der «CNN» sprechen allerdings für eine Verwicklung Russlands und Haftars mit der RSF.
Goldschmuggel im ganz grossen Stil
Die RSF und ihr Anführer Mohammed Hamdan Daglo profitieren schon länger von Russlands Engagement im Sudan. Daglo erhält Waffen, Russland im Gegenzug bares Gold.
Recherchen von «CNN» und Investigativjournalisten deckten einen milliardenschweren Goldschmuggel aus dem Sudan nach Russland auf – abgewickelt über Wagner-Kanäle. Besonders zu Daglo und der RSF soll Russland gute Drähte gehabt haben. Doch auch zum De-Facto-Machthaber Abdel Fattah al-Burhan, gegen den die RSF derzeit kämpft, soll Moskau gute Verbindungen gehabt haben.
Wagner hat sein Geschäftsmodell auf dem ganzen Kontinent perfektioniert. Die Gruppe bietet skrupelloses Personal, Dienstleistungen, Waffen, im Gegenzug gibt es Rohstoffe – oft Gold. Für Prigoschin ist der Kontinent sprichwörtlich zum Goldesel geworden.
Warum im Sudan gekämpft wird
Am 15. April brachen Kämpfe zwischen der RSF und den Sudanesischen Streitkräften (SAF) aus. Die paramilitärischen RSF wurden vor zehn Jahren unter Langzeit-Diktator Umar al-Baschir gegründet. «Die RSF wurden direkt als Konkurrenz zu den Streitkräften aufgebaut», erklärt der Sudan-Experte Gerrit Kurtz gegenüber der «Zeit».
2019 brachen Demokratie-Proteste im Land aus, am Ende wurde al-Baschir abgesetzt. Die Streitkräfte übernahmen die Macht, freie Wahlen werden allerdings nicht abgehalten. Seitdem schwelt der Konflikt zwischen RSF und SAF.
Eigentlich hätten die RSF in die Armee eingegliedert werden sollen. Der Plan scheiterte jedoch. Paramilitär-Führer Daglo weigerte sich und schliesslich brachen die jetzigen Kämpfe aus. Bisher wurden über 413 Menschen getötet.
Italien will Schweizer evakuieren
Inzwischen haben sich zahlreiche Staaten aus dem Land zurückgezogen oder planen einen Rückzug. Das Botschaftspersonal mehrerer Länder wurde oder wird evakuiert.
Der italienische Aussenminister hat angekündigt, das italienische Militär werde etwa 200 Zivilisten aus dem Land bringen, darunter auch Schweizer. Zur Anzahl Schweizer sagte er nichts. Die Schweizer Behörden nahmen gegenüber der «SDA» zur Evakuierung am Sonntag vorerst keine Stellung.