Ruanda gedenkt der Opfer des Völkermords vor 25 Jahren
25 Jahre nach dem Beginn des Völkermords hat Ruanda am Sonntag der hunderttausenden Opfer gedacht.
Das Wichtigste in Kürze
- Gedenkfeier zu Ehren der 800.000 Getöteten in Kigali.
Bei einer Gedenkfeier in der Hauptstadt Kagame beschwor Staatschef Paul Kagame die wiedergewonnene Einheit des ostafrikanischen Lands. Ruanda sei «wieder eine Familie», sagte er. Bei dem Massaker waren 1994 mindestens 800.000 Menschen getötet worden.
Zum Auftakt der Gedenkfeiern entzündete Staatschef Paul Kagame mit seiner Frau Jeannette, dem Kommissionspräsidenten der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat, sowie EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker eine Flamme am Völkermord-Denkmal von Gisozi. Dort sind mehr als 250.000 Opfer begraben.
Bei einem anschliessenden Auftritt im Kongresszentrum, einem modernen Kuppelbau im Zentrum von Kigali, lobte Kagame die Kraft der Menschen von Ruanda zur Erneuerung. Die Bevölkerung habe eine «enorme Last auf sich genommen, ohne, oder fast ohne, zu klagen», sagte er. «Das hat uns geeinter als jemals zuvor werden lassen». Niemand habe heute noch die Macht, die Menschen in Ruanda gegeneinander aufzuhetzen. «Die Geschichte wird sich nicht wiederholen».
Die junge Generation rief der Staatschef auf, mehr und mehr Verantwortung zu übernehmen und das «Ruanda zu errichten, das wir wollen und verdienen». Zum Abschluss der Veranstaltungen am Sonntag war eine Trauerfeier im Nationalstadion von Kigali geplant.
In Ruanda gilt bis zum 4. Juli Staatstrauer, um an das 100 Tage währende Blutvergiessen zu erinnern. In der kommenden Woche finden im ganzen Land Gedenk- und Diskussionsveranstaltungen statt.
In der früheren deutschen und belgischen Kolonie hatten Angehörige der Volksgruppe der Hutu 1994 innerhalb von drei Monaten mindestens 800.000 Menschen getötet. Die meisten Opfer waren Angehörige der Minderheit der Tutsi, aber auch viele gemässigte Hutu wurden getötet. Viele der Täter waren Staatsbedienstete, etwa aus Armee oder Polizei.
Kagame hatte am 4. Juli 1994 mit seiner damaligen Rebellengruppe FPR die Regierung aus Hutu-Extremisten gestürzt und damit den Völkermord beendet. Seitdem dominiert er die Politik in Ruanda. Dem heute 61-Jährigen wird das rasante Wirtschaftswachstum Ruandas zugute gehalten. Seine Kritiker bezeichnen ihn hingegen als einen Autokraten, der seine politischen Gegner systematisch unterdrückt.
An der Gedenkfeier am Sonntag nahmen einige afrikanische Politiker wie die Präsidenten der Republik Kongo und des Tschad, Denis Sassou Nguesso und Idriss Déby, sowie der äthiopische Regierungschef Abiy Ahmed teil. Aus Belgien reiste Ministerpräsident Charles Michel an. Deutschland entsandte Altbundespräsident Horst Köhler zu der Gedenkfeier nach Kigali.
Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) nannte den Völkermord ein «Verbrechen unvorstellbaren Ausmasses». Die Weltgemeinschaft habe damals die «Warnzeichen» nicht rechtzeitig wahrgenommen, erklärte der SPD-Politiker in Berlin. Das Massaker sei eine «Mahnung für zukünftige Generationen».
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron liess sich bei dem Gedenken in Kigali durch den Abgeordneten Hervé Berville vertreten, einen Angehörigen der Tutsi-Minderheit, der 1994 als Waisenkind aus Ruanda gerettet worden war. Macron kündigte an, den 7. April in Frankreich zu einem «Gedenktag» in Erinnerung an die Opfer des Genozids zu machen.
Ruanda hat Frankreich immer wieder vorgeworfen, sich durch seine Unterstützung der damaligen ruandischen Regierung an dem Völkermord mitschuldig gemacht zu haben. Französische UN-Truppen hätten zudem einigen Tätern bei der Flucht geholfen. Paris wies bisher jegliche Mitverantwortung an dem Blutbad zurück. Macron rief vergangene Woche eine Historiker-Kommission ins Leben, um Frankreichs Rolle in dem Land in dieser Zeit zu untersuchen.